JUVE: Vor einem knappen Jahr haben Sie sich Greenberg Traurig angeschlossen – was ist der größte Unterschied gegenüber den Olswang-Zeiten des Berliner Büros?
Christian Schede: Wir haben wieder Fahrt aufgenommen! Vor dem Wechsel gab es bei uns eine längere Phase der Stagnation. Von der haben wir uns befreit und arbeiten nun auf einer Plattform, die es uns ermöglicht, unsere PS wieder nachhaltig auf die Straße zu bringen und uns wieder voll auf unsere Mandanten zu konzentrieren.
Was bedeutet das für das Geschäft des deutschen Teams?
Bei Greenberg sind wir in einem anderen Marktsegment unterwegs, was die Qualität der Mandate und Kontakte angeht. Unsere bekannten Schwerpunkte in den Branchen Technologie und Medien sowie Immobilien bleiben natürlich unsere Flaggschiffe. Daneben haben sich in den letzten Monaten vor allem die Bereiche Corporate/M&A und Litigation stark entwickelt. Während im Technologie- und Immobiliensektor die Bereiche Corporate/M&A und Finance immer schon eine starke Rolle spielten, haben sie sich inzwischen unabhängig vom Branchenansatz als zentrale Säulen unseres Geschäfts profiliert.
Wie wollen Sie das Geschäft als nächstes weiterentwickeln?
Die starke Position als drittgrößte Kanzlei in den USA und die auf Corporate/M&A fokussierten europäischen Büros in London, Amsterdam und Warschau, Mailand sowie Tel Aviv bieten zahlreiche Anknüpfungspunkte für das grenzüberschreitende M&A-Geschäft. Anleihen in den USA für auch in Europa ansässige Mandanten, grenzüberschreitende Joint Venture und M&A-Transaktionen prägen das Geschäft in unserer „Neuen Welt“. Und auch der in den USA traditionell starke Prozessbereich hilft uns, die Litigation-Praxis hierzulande weiter auf- und auszubauen. Für unsere jüngeren Kollegen bieten sich auf all diesen Feldern gute Chancen, als künftige Partner diese Bereiche mit zu entwickeln. Dabei steht der Ausbau unserer Präsenz in Europa und der Zusammenarbeit zwischen den europäischen Standorten ganz oben auf der Agenda. Deshalb soll jeder lokale Business Case in Zukunft auch eine grenzüberschreitende Komponente haben.
Welche Rolle wird das Berliner Büro in der Gesamtkanzlei spielen?
Eine starke. In der Vergangenheit wurde die Entwicklung der Kanzlei vor allem durch die Londoner Brille gesehen. Bei Greenberg sind wir als deutsches Büro nicht nur ein wichtiger Teil, sondern ein Treiber des europäischen Wachstums. Entscheidungen werden deutlich schneller und gemeinschaftlicher getroffen. Es gibt kein übergeordnetes Komitee, sondern in jedem Büro sitzen zwei bis drei Partner, die sich um die gemeinsame Weiterentwicklung der europäischen Praxis kümmern. Eine so unkomplizierte Art der Zusammenarbeit auf globaler Ebene habe ich bisher noch in keiner Kanzlei erlebt. Wir ziehen an einem Strang und arbeiten für einen Topf.
Steht man damit auch nicht automatisch unter dem Druck, sich an den US-Stundensätzen orientieren zu müssen?
Im Gegenteil. Bei Greenberg gibt es ein tiefes Verständnis dafür, dass jeder regionale Markt nach seinen eigenen wirtschaftlichen Regeln funktioniert. Schon unter den US-Büros gibt es große Unterschiede: Dallas, Denver oder Boston arbeiten nicht zu den gleichen Stundensätzen wie New York.
Was ist das nächste Etappenziel?
Wir wollen weiter wachsen und dabei auch in den transatlantischen Business- und Politiknetzwerken eine stärkere Rolle spielen. Bei Greenberg Traurig arbeiten Leute, die in Wirtschaft und Politik Dinge bewegen wollen. Einige der US-Partner haben auch schon mal als CEO ein Unternehmen geleitet oder exponierte Aufgaben in der politischen Administration inne gehabt. Diese Kultur unterstützt unseren Ansatz, mehr als bloße Rechtsberater zu sein. Wir haben uns schon immer als strategische Sparringpartner unserer Mandanten in Fragen der Unternehmensentwicklung und als politisch versierte Branchenvertreter verstanden.
Das Gespräch führte Ulrike Barth.