Anwälte im Homeoffice

„Wie wir das durchstehen sollen, ist mir ein Rätsel“

Autor/en
  • Eva Lienemann

Die Corona-Krise bringt den Rhythmus von Arbeit und Freizeit durcheinander – vor allem bei denen, die ihre Arbeitstage ausschließlich im Homeoffice verbringen. Das ist ein Ergebnis der JUVE-Corona-Umfrage, an der sich mehr als 700 Anwältinnen und Anwälte beteiligten. „Ein großer Stressfaktor ist die fehlende Kinderbetreuung – gestiegene Arbeitsbelastung plus Betreuung eines Kleinkindes in Vollzeit ist die Hölle“, schreibt eine Umfrageteilnehmerin.

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Seit sechs Wochen verharrt Deutschland im Lockdown – und auch die meisten Anwälte verlassen zum Arbeiten nicht mehr das Haus: Rund 57 Prozent der mehr als 700 Umfrageteilnehmer sind seit Ausbruch der Krise ausschließlich im Homeoffice, ein Viertel pendelt zwischen Zuhause und Kanzlei, ein bisschen geringer ist der Anteil derer, die vom Büro aus arbeiten.

Videokonferenzen versus Lagerkoller

Die Umstellung auf virtuelle Meetings und Fallbearbeitung im häuslichen Arbeitszimmer ist offenbar gelungen – die meisten sind laut Umfrage sehr zufrieden damit, wie die Umstellung auf Homeoffice funktioniert hat. „Ich sehe positive Auswirkungen“, schreibt ein Partner einer britischen Kanzlei. „Es wird mehr kommuniziert, weil wir regelmäßige Videokonferenzen in den verschiedensten Runden machen. Ich sehe auch positive Erfahrungen in Bezug auf die IT-Landschaft, die sich als außerordentlich flexibel und belastbar herausgestellt hat.“

Bei anderen drückt die neue Arbeitssituation eher auf die Stimmung: „Abläufe dauern länger und der anfangs vorhandene ‚Wir-schaffen-das-Spirit‘ weicht nach und nach dem Lagerkoller“, schreibt ein Partner einer Großkanzlei.

Wer zu Hause arbeitet, ist stärker belastet

Auch wenn die IT funktioniert und der Austausch mit den Kollegen klappt: Viele Anwälte im Homeoffice plagen ganz andere Sorgen. Vor allem jene, die sich ‚nebenher‘ um ihre Kinder kümmern müssen, wie diese Teilnehmerin, die Salary-Partnerin in einer deutschen Großkanzlei ist: „Homeoffice und Kinderbetreuung schließt sich komplett aus, geht aber seit Wochen nicht anders. Wie wir – Kanzlei und Gesellschaft und jeder Einzelne – das in den nächsten Monaten physisch und psychisch durchstehen sollen, ist mir ein absolutes Rätsel.“ Eine andere schreibt: „Ich bin Anwältin und möchte endlich wieder meinen Beruf ausüben und nicht in erster Linie meine Kinder unterrichten!“

Dass die Anwältinnen mit dieser Wahrnehmung nicht allein sind, zeigen auch die Umfrageergebnisse in Zahlen. Mehr als 63 Prozent der Anwälte im Homeoffice meinen: Die Krise wird sich stark bis sehr stark auf die Work-Life Balance auswirken. Bei den Anwälten, die weiterhin ins Büro gehen, sind es mit nur 44 Prozent deutlich weniger. Rund 23 Prozent der Anwälte, die weiterhin wie gehabt vom Büro aus arbeiten, meinen gar, die Krise habe ‚gar keine‘ Auswirkungen auf ihre Work-Life-Balance. Das sehen weniger als 10 Prozent der Anwälte im Home Office so: „Es wird mehr gearbeitet, im Home Office auch früh morgens, abends und am Wochenende“, schreibt ein Salary-Partner einer mittelständischen Kanzlei. „Sämtliche Kollegen sind (fast) immer erreichbar und einsatzbereit.“ (Eva Lienemann)

 

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