In einer Ad-hoc-Mitteilung hatte der Autokonzern Ende April mitgeteilt, das US-Justizministerium (DOJ) fordere eine interne Ermittlung zum „Zertifizierungs- und Zulassungsprozess in Bezug auf Abgasemissionen in den USA“. Kurz darauf hatten unterschiedlichen Quellen zufolge Mitarbeiter der Wirtschaftsberatung Deloitte im Auftrag des DOJ Werke und Stammsitz von Daimler in Stuttgart durchsucht.
Es geht dabei, ähnlich wie bei VW, um mögliche Manipulationen bei Abgasmessungen. Daimler-Finanzvorstand Bodo Uebber teilte mit, man habe der DOJ „vollumfängliche Kooperation zugesagt“ und werde externe juristische Hilfe für die Untersuchung hinzuziehen.
Nach JUVE-Informationen hat der Konzern unter anderem inzwischen Dr. Bernd Mayer von Skadden Arps Slate Meagher & Flom mandatiert. Mayer selbst wollte sich dazu gegenüber JUVE nicht äußern. Bereits 2006 hatte er für Daimler eine umfangreiche interne Ermittlung geführt, als sich der Autobauer Vorwürfen der amerikanischen Anti-Korruptionsbehörde SEC ausgesetzt sah. Daimler zahlte schließlich 2010 insgesamt 135 Millionen Euro Bußgeld an die Behörde.
Dem Vernehmen nach befasst sich Prof. Dr. Jürgen Wessing von Wessing & Partner mit einigen strafrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Abgasthema. Er hat Daimler ebenfalls in der Vergangenheit schon häufiger beraten.
Daimler wollte einzelne Mandatierungen nicht kommentieren. Man habe „generell und unabhängig von dieser Thematik Rahmenverträge mit verschiedenen Anwaltskanzleien zu den unterschiedlichsten Rechtsbereichen“.
Sammelkläger in den USA formieren sich
Im Februar hatte es in den USA bereits erste Meldungen über die Manipulationsvorwürfe bei Abgasmessungen auch gegen Daimler gegeben. Damals hatte Hagens Berman, eine bekannte US-Kanzlei für Verbraucherklagen, eine Sammelklage mehrerer Mercedes C-Klasse-Besitzer angestrengt. Bei niedrigen Lufttemperaturen überschreite der Stickoxid-Ausstoß von Dieselfahrzeugen die gesetzlichen Vorschriften in den USA um das 65-fache, heißt es in der Klageschrift. Ein Team bestehend aus Namenspartner Steve Berman, Sean Matt, Shelby Smith und Jessica Thompson führt die inzwischen anhängigen Klagen aus 13 amerikanischen Bundesstaaten. Hagens Berman hat auch zahlreiche Sammelklagen für amerikanische VW-Besitzer auf den Weg gebracht.
Irreführende Werbung mit „sauberen Abgasen“?
Ähnliche Vorwürfe erhebt auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen den Stuttgarter Autobauer und hat deshalb vor dem Landgericht Stuttgart eine Unterlassungsklage wegen irreführender Werbung eingereicht (Az. 34 O 21/16 KFH). Dabei geht es um die Werbung für das Modell C 220 CDI mit BlueTec-Technologie, bei dem die angebliche Sauberkeit der Abgase besonders betont wird.
Daimler weist die Vorwürfe als haltlos zurück. Der Konzern wird in der Sache dem Vernehmen nach von Dr. Andreas Schabenberger von Menold Bezler vertreten. Er war 2014 von Gleiss Lutz zum Wettbewerber gewechselt. Für die DUH hat Dr. Remo Klinger, Namenspartner der Kanzlei Geulen & Klinger, die Klage eingereicht. Die Berliner Kanzlei ist regelmäßig für die DUH tätig und vertritt schwerpunktmäßig Umweltschutzorganisationen, NGOs und Interessensverbände. Sie berät beispielsweise aktuell Mitarbeiter eines pakistanischen Textilherstellers gegen den Mode-Discounter KiK, nachdem diese einem Brand zum Opfer gefallen sind.
Rechtsgutachten schüren Zweifel an Defeat Device
Letztlich geht es aber auch bei dieser wettbewerbsrechlichen Auseinandersetzung um die Frage, ob Daimler bei den Modellen mit BlueTec-Technologie die Abgasmessungen manipuliert hat. Klinger hat für die DHU ein Gutachten verfasst, das die sogenannte „Defeat Device“-Einrichtung für nicht rechtens erklärt. Diese sorgt dafür, dass die Abgasnachbereitung bei bestimmten Dieselmotoren und Temperaturbereichen heruntergeregelt wird. Inzwischen bringt auch eine Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes der Bundesregierung Autohersteller in Bedrängnis: Dieser hält die europäischen Regeln für den Einsatz von Defeat-Device-Einrichtungen für wesentlich strenger, als sie in der Praxis von vielen Autokonzernen ausgelegt wird, meldet ‚Spiegel Online‘.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version der Nachricht hieß es, die von Daimler angestoßene Untersuchung werde von Dr. Bernd Mayer von Skadden Arps Slate Meagher & Flom geleitet. Das war so nicht richtig. (12.05.2016)