Insgesamt ermitteln die Strafverfolger gegen 14 Personen wegen des Verdachts des Betrugs im Streit der deutschen Bank mit ihrem früheren Kreditkunden Leo Kirch. Der inzwischen verstorbene Unternehmer warf dem Bankhaus und dessen Spitze vor, ihn hintergangen und dadurch maßgeblich zur Pleite seines Konzerns beigetragen zu haben. Vor wenigen Wochen erst verglichen sich beide Seiten.
Leithner, der in seinem Vorstandsressort unter anderem für Recht & Compliance verantwortlich ist, soll im Prozessverlauf nicht entschieden genug gegen die internen Abläufe in der Rechtsabteilung vorgegangen sein, meint die Staatsanwaltschaft. Er hat zu seiner Verteidigung nach JUVE-Recherchen den Kölner Strafrechtler Walther Graf von der angesehenen Spezialkanzlei Feigen Graf hinzugezogen. Er setzt damit auf die gleiche Kanzlei wie der Co-Vorstandsvorsitzende Jürgen Fitschen, gegen den die Staatsanwaltschaft im Kontext des Kirch-Prozesses schon länger ermittelt. Ihm zur Seite steht Hanns Feigen, der kürzlich auch Uli Hoeneß in dessen Steuerprozess vertrat.
Zudem haben die Ermittler Dr. Peter Lindt im Fokus. Lindt leitete viele Jahren die Prozessabteilung der Deutschen Bank und hatte für Prozessbeobachter eine sichtbare Schlüsselposition in dem Rechtsstreit inne. Er begleitete den Streit mit der Kirch-Seite intern wie extern und vertrat Fitschen im Zivilprozess vor dem OLG München, als der Senat das persönliche Erscheinen des Co-Bankchefs angeordnet hatte. Ob Lindt einen Strafrechtler hinzugezogen hat, ist nicht bekannt. Auf Anfrage äußerte er sich dazu nicht, ebenso wie der weitere Beschuldigte und JUVE namentlich bekannte Inhouse-Jurist.
Die Deutsche Bank bestätigte lediglich, dass die gestrige Durchsuchung Teil eines Ermittlungsverfahrens wegen Aussagen im zurückliegenden Kirch-Prozess ist. Die Bank lässt sich strafrechtlich in dem Komplex von Dr. Felix Dörr von der Frankfurter Kanzlei Dr. Dörr & Partner beraten.
Fall Kirch erreicht ThyssenKrupp
Mittelbar betroffen ist nun auch ThyssenKrupp. Denn unter den Beschuldigten befindet sich auch Arne Wittig, seit Sommer 2012 General Counsel des Essener Stahlkonzerns. Zuvor trug Wittig als General Counsel für Deutschland, Mittel- und Osteuropa viele Jahre rechtliche Verantwortung für die Deutsche Bank. Dabei stimmte er zusammen mit den externen Prozessanwälten auch die Strategie in den Kirch-Prozessen ab. Bei den Verfahren vor dem OLG München war er jedoch kaum vor Ort, ganz im Gegensatz zu seinem Nachfolger Christof von Dryander. Bis zum Redaktionsschluss waren weder Wittig noch das Unternehmen ThyssenKrupp für eine Stellungnahme zu erreichen.
Der in den vergangenen Jahren mehrfach in die Schlagzeilen geratene Konzern hatte indes erst zu Jahresbeginn seine Compliance-Bemühungen deutlich intensiviert und dabei eine Null-Toleranz-Linie gegenüber Verstößen gegen Recht, Gesetz und internen Richtlinien propagiert. Vor diesem Hintergrund dürfte der Konzern den Fortgang der weiteren Ermittlungen gegen Wittig besonders kritisch beobachten.
Druck auf Prozessanwälte steigt
Bereits vergangene Woche hatten Ermittler die Kanzleiräume von Hengeler Mueller in Frankfurt und von Gleiss Lutz in München durchsucht. Im Fokus stehen hier die langjährigen Prozessvertreter der Deutschen Bank, die beiden Hengeler-Partner Dr. Peter Heckel und Dr. Markus Meier, sowie Gleiss-Counsel Dr. Luidger Röckrath. Hengeler hat JUVE-Recherche zufolge nun den Wiesbadener Strafrechtler Prof. Dr. Alfred Dierlamm von Dierlamm hinzugezogen.
Laut JUVE-Informationen ist es nicht das erste Ermittlungsverfahren gegen die Hengeler-Prozessanwälte. Bereits 2011 ging die Staatsanwaltschaft München dem Vorwurf der Vertretung widerstreitender Interesse nach (Az. 401 AR 4964/2011). Dies fällt in den Zeitraum, als Sernetz Schäfer, die andere Prozesskanzlei der Deutschen Bank, das Mandat aufgrund eines nicht überbrückbaren Konflikts bei der gleichzeitigen Vertretung von Deutscher Bank und deren Ex-Bankchef Dr. Rolf Breuer niedergelegt hatte. Fortan vertrat Hengeler beide Beklagten, bis sich nun vor wenigen Wochen Linklaters als neue Prozessbevollmächtigte bei der Deutschen Bank platzieren konnte.
Ob Gleiss und Röckrath bereits einen Verteidiger hinzugezogen haben, ist nicht bekannt. (Marcus Jung, René Bender)
Nachtrag vom 21.11.2019: Ende Oktober 2019 wurde das Verfahren gegen Arne Wittig nach Paragraph 170 Abs. 2 Strafprozessordnung mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.