Energienetzausbau

Hengeler verteidigt Bürgeranleihe ihrer Mandantin Tennet

Autor/en
  • JUVE

Der niederländische Netzbetreiber Tennet hatte bei der Finanzierung der Westküstenleitung in Schleswig-Holstein zu einem neuartigen Mittel gegriffen. Er begab eine Hybridanleihe für Bürger. Die Anleihe, die Hengeler Mueller mitkonzipiert hat, steht nun in der Kritik. Ein hoher Zinssatz hatte offensichtlich politisch Priorität.

Teilen Sie unseren Beitrag
Hendrik Haag
Hendrik Haag

Vom Netzausbau betroffene Bürger sollen sich dem Bundeswirtschaftsministerium zufolge „finanziell am Leitungsbau auf der gesamten Übertragungsnetzebene beteiligen können und für ihre Einlagen bis zu fünf Prozent Zinsen erhalten“. Die Formulierung der Anleihebedingungen wurde den Bedürfnissen von Privatanlegern angepasst. Die Idee hinter dem Beteiligungsmodell ist die Akzeptanz für den Energienetzausbau. Bevorzugt werden bei der Anleihe deshalb Kleinanleger, die direkt von den Baumaßnahmen betroffen sind.

Für sie soll sich die Anleihe allerdings laut Finanzexperten nicht lohnen, so die Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) in ihrer aktuellen Ausgabe. Dem Zeitungsbericht zufolge beteiligen sich die Bürger nicht wie vom Wirtschaftsministerium suggeriert am Leitungsprojekt oder dem Betreiber der Leitung. Vielmehr würden die Bürger durch die Hybridanleihe einen Kredit an Tennet vergeben.

„Es gab natürlich auch Überlegungen, eine direkte Beteiligung an einer bestimmten Leitung zu strukturieren“, sagte Dr. Hendrik Haag. Der Frankfurter Hengeler Mueller-Partner hatte Tennet gemeinsam mit Energierechts-Partner Dr. Dirk Uwer bei der Bürgeranleihe beraten. „Jede Leitung müsste dann über eine eigene Gesellschaft gebaut und betrieben werden, was eine Zulassung als separater Netzbetreiber voraussetzt. Eine derartige Fragmentierung der Netzbetreiberszene ist regulierungsseitig aber nicht gewünscht.“

Auch wirtschaftlich ist es aus Haags Sicht sinnvoller, nicht an einer einzigen Leitung beteiligt zu sein. „Durch die Anleihe beteiligt man sich am Unternehmen eines etablierten internationalen Netzbetreibers und ist nicht abhängig vom Erfolg oder Misserfolg einer einzigen Leitung.“

Für Tennet ist eine Hybridanleihe eine attraktive Alternative zu einem Kredit. Hybridanleihen haben eine unbegrenzte Laufzeit und der Emittent darf Zinszahlungen aufschieben sowie die Anleihe als Eigenkapital verbuchen. Im Insolvenzfall werden die Gläubiger nachrangig bedient. „Die Anleihe hat ein höheres Risiko als erstrangige Unternehmens- oder gar Staatsanleihen“, bestätigte auch Haag. „Aber Tennet verzinst sie deswegen auch höher, übrigens sogar deutlich höher als vergleichbare von Tennet ausgegebene Anleihen.“

Hoher Zinssatz hatte offenbar politisch Priorität

Bundesumweltminister Peter Altmaier habe sich ohne nähere Abstimmung mit den Netzbetreibern auf den Ertrag von fünf Prozent bereits öffentlich festgelegt, so Haag. Dafür sei aus seiner Sicht nur für ein nachrangiges, hybrides Finanzinstrument angemessen. „Eine Chancenbeteiligung ist auch eine Risikobeteiligung. Wer weniger Risiko will, muss niedrigere Zinsen akzeptieren. Ansonsten könnte man den betroffenen Bürgern auch einfach Geld schenken. Dafür wäre dann aber der Staat zuständig.“

Bei der Bürgeranleihe von Tennet handelt es sich um ein Pilotprojekt. Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber legten gemeinsam mit dem Bundeswirtschafts- und dem Bundesumweltministerium Anfang Juli ein Eckpunktepapier zur Beteiligung von Bürgern am Übertragungsnetzausbau vor. Die Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW sollen in den kommenden Monaten Beteiligungsmodelle entwickeln und geeignete Ausbauprojekte benennen.

Dabei sollen die Erfahrungen mit dem Bürgerbeteiligungsmodell in Schleswig-Holstein einfließen. Das Volumen dieser Anleihe soll sich auf bis zu 15 Prozent der Gesamtfinanzierungskosten der Leitung belaufen. Laut Medienberichten könnte der Wert bei ungefähr 30 Millionen Euro liegen.

Artikel teilen

Gerne dürfen Sie unseren Artikel auf Ihrer Website und/oder auf Social Media zitieren und mit unserem Originaltext verlinken. Der Teaser auf Ihrer Seite darf die Überschrift und einen Absatz des Haupttextes enthalten. Weitere Rahmenbedingungen der Nutzung unserer Inhalte auf Ihrer Website entnehmen Sie bitte unseren Bedingungen für Nachdrucke und Lizenzierung.

Für die Übernahme von Artikeln in Pressespiegel erhalten Sie die erforderlichen Nutzungsrechte über die PMG Presse-Monitor GmbH, Berlin.
www.pressemonitor.de