Evotec hatte am 6. April über den Cyberangriff informiert, da lagen die vorläufigen Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2022 schon vor. Die Abgabe des vollständigen und geprüften Finanzberichtes musste das Unternehmen hingegen auf Mai verschieben.
„Evotecs IT-Systeme wurden proaktiv und präventiv offline gestellt, um Datenbeschädigungen und Datenschutzverstöße zu verhindern “, erläuterte das Unternehmen kurz danach. Gemeinsam mit externen IT- und anderen Experten werde eine forensische Untersuchung zum Umfang und den potenziellen Auswirkungen durchgeführt. Der Wissenschaftskonzern, der rund 4.500 Mitarbeitende zählt, erforscht Medikamente und pharmazeutische Produkte etwa für die Neurologie, Onkologie sowie Stoffwechsel- und Infektionskrankheiten. Er arbeitet dafür eng mit anderen Biotechunternehmen, akademischen Institutionen und sonstigen Akteuren des Gesundheitswesens zusammen.
Der operative Geschäft sei an allen Standorten möglich, auch wenn „ausgewählte Systeme offline bleiben bis die forensische Untersuchung abgeschlossen ist, und Sicherheitspläne implementiert sind“, so das Unternehmen im April. Auch stünde man mit allen zuständigen Behörden in Kontakt.
Doppeltes Listing
Evotec zählt zu den wenigen Unternehmen hierzulande mit einem Dual-Listing. Es ist seit November 2021 auch an der Nasdaq notiert. Qontigo, der Indexbetreiber der Deutschen Börse, teilte Anfang Mai mit, der Ausschluss von Evotec und somit die außerplanmäßige Änderung im MDax ergebe sich aufgrund der Verletzung von Basiskriterien, sprich der fristgerechten Veröffentlichung des testierten Geschäftsberichts. Marktbeobachter gehen davon aus, dass der Ausschluss nur vorübergehend ist. An der US-Börse hingegen ist Evotec weiterhin notiert, dort kletterte gerade der Kurs, nachdem eine US-Partnerschaft mit der Novartis-Tochter Sandoz bekannt gegeben wurde.
Berater Evotec
Inhouse: Christian Dargel (EVP Global Head of Legal & Compliance; Federführung), Kathrin Brandstäter (Head of Global Compliance), Michael Dragu (SVP Head of Legal Commercial), Sven Noffke (Legal Director Compliance)
Hogan Lovells (Hamburg): Dr. Christian Tinnefeld (Federführung); Paul Otto (Washington), Peter Marta (New York), Patrice Navarro (Paris), Nicola Fulford, Dan Whitehead (beide London); Associate: Valerio Natale (Rom; alle IT/Datenschutz)
Hintergrund: General Counsel Dargel steuert im Unternehmen die rechtliche Aufarbeitung, er ist seit 2012 Global Head of Legal & Compliance. Mit der internationalen Koordination ist auch Legal Counsel Noffke befasst, der zuvor bei Lufthansa Technik tätig war und erst jüngst in das Compliance-Team von Evotec wechselte. Brandstäter als Head of Global Compliance hat die Datenschutzthemen unter ihre Fittiche genommen und Syndikus Dragu die Zusammenarbeit mit Partnern und Suppliern.
Ein Hamburger Hogan Lovells-Team um Partner Tinnefeld berät Evotec seit einiger Zeit in Datenschutzfragen und wurde nun für den Cybervorfall international verbreitert um Teams aus den USA, Frankreich, Italien und Großbritannien. Überall dort hat Evotec Standorte.
Tinnefeld gehört zum Kernteam der Privacy and Cyber Litigation Task Force von Hogan Lovells. Die Task Force, zu der auch der Düsseldorfer Partner Dr. Marcus Schreibauer sowie der Münchner Partner Dr. Martin Pflüger gehören, umfasst rund 30 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aus den Bereichen Datenschutz, Litigation, Produkthaftung und der strategisch-regulatorischen Corporate-Beratung.
Auch Freshfields wird von Evotec mandatiert
Die im Juni anstehende Hauptversammlung bereitet Evotecs Chefjurist Dargel parallel zusammen mit Legal Counsel Mirjam Ende vor, ohne externe Kanzleiberatung. Unterstützt werden sie von Dienstleister Better Orange und dem Notariat Dr. Kleinstück & Dr. Reski, welches das Unternehmen schon seit über zehn Jahren begleitet.
Im vergangenen Jahr hatte Evotec die HV hingegen gemeinsam mit einem Team um Prof. Dr. Christoph Seibt von Freshfields Bruckhaus Deringer vorbereitet. Hintergrund war, dass der wesentliche Agendapunkt ein neues Aktienoptionsprogramm beziehungsweise Beteiligungsprogramm (LTI) war, zu dessen Gestaltung Freshfields beraten hatte. Die Kanzlei unterstützte nachfolgend auch den Zukauf von Central Glass Germany 2022 sowie kürzlich die Abstimmung eines Darlehens in Höhe von 150 Millionen Euro, welches die Europäischen Investitionsbank dem Biotechunternehmen gewährte.