Herr von Crailsheim, was waren die wichtigsten Entwicklungen, die sie in Ihrer Amtszeit angestoßen haben?
Bernulph von Crailsheim: Wir haben unsere administrative Struktur in Deutschland geändert: Neben den einzelnen Praxisgruppenleitern und mir als Country Head gibt es jetzt eine Nichtjuristin als COO, die die Koordination unserer Business Services Einheiten übernommen hat. Durch die neue Position haben wir für eine Entlastung der Partner von administrativen Aufgaben und effizientere Entscheidungsprozesse gesorgt. Ein weiterer wichtiger Schritt war, dass wir drei neue Partner an Bord holen konnten.
Inwiefern unterscheidet sie das von anderen internationalen Kanzleien in Deutschland?
Durch eine stärkere Fokussierung wollen wir in Bereichen zulegen, in denen wir auch in London und an anderen Standorten stark sind. Das heißt, dass wir einen weniger breiten Ansatz als bisher fahren wollen. Wir profitieren stark von der guten Integration in unsere internationale Praxis. Dadurch haben wir eine sehr gute Mandantenbasis. Wir haben zum Beispiel in London eine Top-Patent- und Litigation-Praxis und gehören weltweit zu den führenden Kanzleien für Asset Manager. Von dem Expertenwissen und den Mandantenkontakten profitieren wir auch beim Aufbau unserer deutschen Praxis.
Im vergangenen Jahr haben sich Umsatz und Anzahl der Berufsträger kaum verändert. Welche Strategie hat Simmons & Simmons in Deutschland?
Wir fokussieren uns auf unsere vier wichtigsten Sektoren: Finanzinstitute, Asset-Management, Technology, Media & Telecommunications sowie Life Sciences. Dort werden noch stärker als bisher unsere Schwerpunkte liegen und da wollen wir auch wachsen.
Den UBT konnten sie zuletzt um fast 9 Prozent steigern – wie haben Sie für mehr Produktivität gesorgt?
Wir konnten, insbesondere dank einiger Top-Mandate, unsere Stundensätze erhöhen und mehr Stunden abrechnen. Dabei haben wir in allen Bereichen zugelegt, am stärksten im Bereich Dispute Resolution. Außerdem sorgt der Brexit für einen hohen Beratungsbedarf bei unseren Mandanten.
Apropos Top–Mandanten: Kürzlich haben Sie den VW-Monitor als Mandant gewonnen. Das hat überrascht, weil Simmons in Sachen Compliance in Deutschland bislang wenig aufgefallen ist.
Ich halte es im sensiblen Bereich der Compliance für durchaus wünschenswert, wenn eine Praxis „wenig auffällt“. Tatsache ist, dass wir wichtige Mandate namentlich für US-Mandanten betreuen, aber auch für die Medizintechnikbranche, z.B. B. Braun, oder für E.on in Deutschland tätig sind. Überdies haben wir sehr gute Erfahrungen mit unserer Positionierung zwischen Arbeitsrecht und Dispute Resolution. Natürlich würden wir gerne noch weitere Partner für diesen Bereich gewinnen, um unsere Praxis zu verbreitern.
In Düsseldorf zählt, neben dem Arbeitsrecht, auch die Corporate-Praxis mit China-Bezug zu den wichtigen Standbeinen der Kanzlei. Mit den jüngsten Abgängen ist sowohl die Leitung der Arbeitsrechts- als auch der China-Praxis vakant. Wie reagieren Sie darauf?
Für Arbeitsrecht suchen wir Ersatz, fühlen uns aber auch mit unserer bestehenden Praxis gut aufgestellt. Wie es mit der China-Praxis weitergeht, ist noch nicht entschieden.
Wo sehen sie die größte Herausforderung, die sie noch vor sich haben?
Für mich gibt es zwei große Herausforderungen. Zunächst müssen wir weitere gute Partner finden. Außerdem stellt sich die Frage nach der Digitalisierung – was passiert mit unserem Markt, wie ändern sich die Anforderungen und was müssen wir in Zukunft anders machen?
So weitermachen wie bisher geht also nicht?
Das geht jetzt schon noch. Die Frage ist nur, ob dann in Zukunft nicht jemand anderes unser Geschäft macht, und nicht mehr wir.
Das Gespräch führte Helena Hauser.