JUVE: Ypog gilt im deutschen Markt als besonders moderne und innovative Kanzlei. Was machen Sie anders als andere?
Dr. Hariolf Wenzler: Was uns unter anderem von anderen Kanzleien unterscheidet, ist unsere Haltung zum Thema Kanzleimanagement. Bei uns wird das Kanzleimanagement als Teil einer Ermöglichungskultur gelebt und verstanden.
Was heißt Kanzleimanagement für Sie?
Eindeutig: Arbeitsteilung im Team. Unsere Kanzlei wird viel eher wie die Technologieunternehmen gesteuert, die wir beraten. Wir verstehen unsere Rechts- und Steuerberatung als eine umfassende, arbeitsteilig erbrachte Dienstleistung. Wie unsere Mandanten setzen wir auf Delegation und darauf, dass Leute Verantwortung übernehmen, die echte Profis in dem sind, was sie machen. Das bedeutet, dass unsere Juristen und Steuerberater Mandanten beraten und die Partner die fachlich-inhaltliche Entwicklung des Beratungsangebots steuern. Die Business Professionals wiederum sorgen dafür, dass die Plattform, auf der sie dies tun, als ein digitales, professionelles „Operating System“ funktioniert.
Management ist für viele Juristinnen und Juristen ein Reizwort. Warum?
Aus drei Gründen: Erstens kommt nichts davon im Studium vor. Juristen lernen, komplexe Aufgaben alleine zu lösen, Management aber ist Teamwork. Zweitens stehen Anwälte, wenn sie denn in Managementfunktionen sind, vor einem Dilemma, wenn das Telefon klingelt und ein Mandant dran ist – dann bleiben regelmäßig die Managementthemen liegen. Drittens sind Managing-Partner häufig erfolgreiche Anwälte, mit der Folge hoher Opportunitätskosten. Ich beschäftige mich im Bucerius Center on the Legal Profession seit vielen Jahren mit dem Rechtsmarkt und weiß: Dieses Muster ist sehr stabil über die Zeit.
Wer kann dann Management?
Es braucht dazu Menschen, die ein „Operations Mindset“ haben, zum Beispiel durch einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund. Ich selbst bin Volkswirt und habe mein bisheriges Berufsleben mit dem Management komplexer Organisationen verbracht. Und stehe damit stellvertretend für einen Trend in vielen Kanzleien, die Professionalisierung ist ja in vollem Gange. Berater sollten beraten, Manager managen.
Also plädieren sie dafür, dass Betriebswirte die Kanzleien übernehmen?
Nein, keineswegs. Ich plädiere für Teamwork zwischen Berufsträgern, die Rollen wie Senior-Partner oder Managing-Partner bekleiden, Industrie-, Praxisgruppen- und Standortleiter. Und Business Professionals, die HR, Finance, Operations, IT, KI und Marketing & Business Development managen. Denn Kanzleien sind immer komplexer werdende Organisationen, die von einem intelligenten Zusammenspiel von juristischem und nichtjuristischem Personal profitieren.
Was brauchen Kanzleien?
Eine Offenheit für die beiden wesentlichen Treiber im Rechtsmarkt, nämlich immer mehr Technologie und immer professionellere Strukturen und Abläufe. Weil wir bei Ypog beide Themen konsequent angegangen sind, konnten wir in kurzer Zeit auf über 300 Mitarbeitende an mittlerweile vier Standorten wachsen.
Das heißt: Ohne Management kein Wachstum?
Richtig. Wenn Wachstum eines der Ziele Ihrer Kanzleiorganisation ist, dann müssen Sie darüber nachdenken, die Kanzlei wie ein Unternehmen zu führen. Kanzleien, die das nicht zulassen, haben sich aus meiner Sicht entschieden, eine Boutique zu bleiben – oder eine Bürogemeinschaft.
Was genau leistet ein professionelles Management?
Einen positiven Beitrag zur Wertschöpfung. Die althergebrachte Ansicht, dass alles, was nicht mit der Mandatsbearbeitung zu tun hat, nur Kosten verursacht, ist mit Verlaub Unsinn – jedenfalls für Kanzleien, die wachsen wollen. Der Beitrag, den ein professionelles Management liefert, liegt für Partnerinnen und Partner nicht nur in der Zeit, die sie durch eine funktionierende Plattform gewinnen, sondern auch in mehr Professionalität, Innovationen und Geschwindigkeit. Entscheidungen gehen viel schneller – und werden besser.
Viele Entscheidungen können nicht auf die Partnerversammlung warten
Sehen das alle Ypog-Partner so?
Ich denke, ja. Immerhin entwickeln wir die Kanzlei entlang dieses Mindset seit nun fast acht Jahren. Leute, die andere Vorstellungen von Kanzlei und vor allem auch von der Art haben, wie wir unsere Dienstleistungen erbringen, die finden ihren Weg gar nicht zu uns. Wir sind digital, haben viele Prozesse optimiert und standardisiert und orientieren uns an der Mandantenperspektive: Die Kolleginnen und Kollegen haben verstanden, warum wir das machen und dass es nicht ihre Aufgabe sein muss, sich um Managementthemen zu kümmern.
Wie partnerschaftlich entscheidet Ypog?
Weiterhin sehr stark, auch weil das Management aus gewählten Managing-Partnern und mir besteht. Und auch bei Ypog wollen alle Partnerinnen und Partner gewonnen und mitgenommen werden, um das Geschäftsmodell weiterzuentwickeln. Klar ist dabei aber auch, dass wir für viele operative Entscheidungen nicht darauf warten müssen, dass die Partnerversammlung uns einen Auftrag zur Umsetzung erteilt. Auch hier funktioniert die Arbeitsteilung.
Hariolf Wenzler ist auch Speaker auf unserer Veranstaltung JUVE Pricing Legal Services, die am 20. März 2025 in Frankfurt stattfindet.