Auf absehbare Zeit gibt es damit in Kiew nur noch eine österreichische Kanzlei, die dauerhaft vor Ort österreichische oder deutschsprachige Partner beschäftigt. Diese sogenannten Expats galten gerade in der Anfangsphase in der Ukraine als wesentliche Stütze für den Aufbau der Standorte.
Der Kostendruck gilt in Kiew als immens. Wegen der politischen und wirtschaftlichen Instabilität der Ukraine trägt das Land besonders schwer an der Weltwirtschaftskrise, gleichzeitig sind die Mieten der Kanzleien und die Einkommen ihrer Anwälte unverhältnismäßig hoch. Dies hat in den vergangenen Monaten zu deutlichen Personalverkleinerungen nicht nur bei österreichischen, sondern auch bei deutschen und anderen internationalen Kanzleien geführt.
CMS Reich-Rohrwig setzt allerdings darauf, recht schnell einen deutschsprachigen Nachfolger für Knaul als Standortleiter zu finden, sagte der Wiener Managing Partner Dr. Peter Huber. Spekulationen im Markt, dass die Kanzlei nun enger mit dem ebenfalls in Kiew befindlichen Allianz-Partner CMS Cameron McKenna zusammenrücken werde, erteilte Huber jedoch eine Absage. „Wir sind der Meinung, dass wir aus österreichischer Sicht den Standort langfristig betrachten müssen. Deswegen wollen wir am eigenen Office festhalten.“
Knaul gilt als einer der erfahrensten ausländischen Anwälte in den GUS-Staaten und Russland. Er verließ Kiew nun nach drei Jahren bei CMS Reich-Rohrwig, zuvor leitete er ein Jahr das Moskauer Büro von CMS Hasche Sigle. Jetzt ist Knaul in die russische Hauptstadt zurückgekehrt. Bei Rödl & Partner verantwortet er als Partner die Rechtsberatung in der Russischen Föderation, Weißrussland und Kasachstan.
Anders als CMS Reich-Rohrwig will Schönherr künftig auf österreichische Expats in Kiew verzichten. Managing Partner Dr. Christoph Lindinger erklärte gegenüber JUVE, dass es vor drei Jahren der Auftrag Zekelys gewesen sei, im neu eröffneten Büro in Kiew Strukturen für die Zukunft zu legen. „Dies ist ihr gelungen, dafür danken wir ihr.“ Nun seien aber die ukrainischen Kollegen vor Ort stark genug, um die Führung zu
übernehmen. „So war das auch in unseren anderen Büros“, sagte Lindinger.
Wettbewerber in Kiew weisen jedoch darauf hin, dass die Entwicklung bei Schönherr nicht alleine der Wirtschaftskrise geschuldet sei. So spreche Zekely nicht fließend russisch und kein ukrainisch, was sowohl den Aufbau des Büros erschwert als auch eine langfristige Beschäftigung in Kiew unmöglich gemacht habe.
Die beiden anderen österreichischen Kanzleien in Kiew, Wolf Theiss und ENWC Natlacen Walderdorff Cancola, hatten von Anfang an keine österreichische Juristen beschäftigt. ENWC eröffnete im vergangenen Jahr ein kleines Büro mit dem in Deutschland zugelassenen Anwalt Dr. Laurenti Kiszczuk. Kiszczuk ist allerdings ukrainischer Abstammung und beherrscht die Sprache perfekt.
Wolf Theiss hatte Anfang dieses Jahres ein Team mit Anwälten aus verschiedenen ukrainischen und internationalen Kanzleien zusammengestellt, als sie in Kiew eröffnete. (Jörn Poppelbaum)
Erstmals veröffentlicht auf www.juve.de am 13. Oktober 2009