JUVE: Mit vielen Ihrer Loyfort-Kolleginnen und -Kollegen haben Sie bereits in der Traditionskanzlei Büsing Müffelmann & Theye in Bremen in einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung zusammengearbeitet. Wieso haben Sie für Ihre neue Einheit die Rechtsform der GmbH & Co. KG gewählt?
Dr. Frieder Grashoff: In einer Partnerschaftsgesellschaft kann man eine Haftungsbeschränkung für Berufsfehler vorsehen. Dafür kommt dann nur das Gesellschaftsvermögen auf. Aber für andere Verbindlichkeiten wie für Personal, Mieten und Versicherungen haften die einzelnen Partnerinnen und Partner mit ihrem Privatvermögen. Führt ein unversicherter Berufsfehler zum Verzehr des Gesellschaftsvermögens, verwirklicht sich dieses Haftungsrisiko. In der GmbH & Co. KG tragen wir auch diese Risiken nur bis zur Höhe unserer Einlage.
Weitere Rechtsformen mit ähnlichen Haftungsbeschränkungen sind die Anwalts-GmbH und die Anwalts-Aktiengesellschaft. Warum haben Sie sich dagegen entschieden?
Wir schätzen die Flexibilität einer Personengesellschaft im Unterschied zu den Kapitalgesellschaften. Die GmbH & Co. KG ist eine Personengesellschaft und als solche genauso flexibel wie die Partnerschaftsgesellschaft.
Worin äußert sich diese Flexibilität?
Zum Beispiel in deutlich geringeren Verwaltungskosten. Nehmen Sie etwa eine Anwalts-GmbH. Schon der Erwerb eines Anteils bedarf der notariellen Beurkundung. Sind Sie einmal Gesellschafter, kann Ihr Anteil daran nie untergehen. Wenn Sie aussteigen, dann muss Ihr Anteil irgendwohin übertragen werden. Das ist immer mit Aufwand verbunden, oder man benötigt Hilfskonstruktionen wie die Einrichtung einer Gesellschafter-GbR. Bei der Personengesellschaft tritt man ein und ist Mitglied, und man tritt aus und ist es nicht mehr. Näheres regelt dann der Gesellschaftsvertrag, der in der GmbH & Co. KG auch nicht beim Handelsregister hinterlegt werden muss, also unser Geheimnis bleibt. Im Vergleich zur Partnerschaftsgesellschaft haben wir außerdem ein flexibleres Namensrecht, können also problemlos unseren Markennamen Loyfort ohne Zusatz eines Partnernamens in der Firma führen.
Hat die GmbH & Co. KG auch Vorteile mit Blick auf die Vergütung der Partner?
Oh ja. Wir vergüten unsere Gesellschafter leistungsorientiert. Beitrag und Einsatz jeder einzelnen Person bestimmen, wie viel sie vom Kanzleiergebnis ausgeschüttet bekommt. Das kann sich Jahr für Jahr ändern. Es gibt also keine festen Entnahme-Quoten. Die Personengesellschaft hat damit keinerlei Probleme. In einer Anwalts-GmbH hingegen braucht es für diese Flexibilität eine notariell beurkundete Satzung, die zumindest eine Öffnung für inkongruente Gewinnverteilungen zulassen und im Handelsregister hinterlegt werden muss. In einer Aktiengesellschaft ist eine solche Flexibilität ohne Aktionärs-GbR gar nicht möglich.
Wie sieht es aus mit Bilanzierung? Das ist ja eher nicht so die Sache der Anwälte …
Richtig. Als GmbH & Co. KG müssen wir eine Bilanz aufstellen, in der auch beispielsweise sogenannte unfertige Leistungen aktiviert werden müssen. Das ist oft ein Bewertungsproblem, das sich aber durch stichtagsgenaue Abrechnung gut in den Griff bekommen lässt. Auch die mit der Bilanzierung einhergehende Versteuerung von Forderungen ist für uns kein Hindernis, weil darin nur eine Phasenverschiebung der Versteuerung liegt, die nur bei sehr langen Zahlungszielen für Mandanten problematisch ist. Wegen der rechtsformbedingten Offenlegungspflichten haben viele Anwälte Bedenken. Weil wir eine kleine Gesellschaft mit weniger als 6 Millionen Euro Bilanzsumme und weniger als 50 Mitarbeitern sind, müssen wir nur eine verkürzte Bilanz vorlegen. Die Angaben daraus sind für Außenstehende nicht besonders aussagekräftig. Aber auch sonst würden die Vorteile aus meiner Sicht überwiegen.
Was bringt Ihnen die GmbH & Co. KG in steuerlicher Hinsicht?
Da leben wir im Vergleich zu den Kapitalgesellschaften in einer ganz anderen Welt. Für uns fällt zum Beispiel anders als in den anwaltlichen Kapitalgesellschaften nicht pauschal die Körperschaftsteuer an. Bei uns ist das so: Was wir einnehmen, wollen wir auch wieder rausnehmen und verteilen. Die GmbH & Co. KG ist bei Vollausschüttung steuerlich günstiger als eine Kapitalgesellschaft. Allerdings zahlen wir wegen der Rechtsform Gewerbesteuer, die in Bremen wie in vielen anderen Gemeinden nicht vollständig auf die Einkommensteuer anrechenbar ist. Dafür erhalten wir aber auch viel unternehmerische Freiheit, und auch bei der Gewerbesteuer gibt es Gestaltungsspielraum.
Was ist die größte Herausforderung der Neugründung als GmbH & Co. KG gewesen?
Das waren bisher ungeklärte berufsrechtliche Fragen rund um die wechselseitige Beteiligung einer Komplementär-Rechtsanwaltsgesellschaft an der Kommanditgesellschaft. Dazu standen wir mit der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Bremen im Austausch, die uns sehr unterstützt hat.
Was war so schwierig daran?
Die Herausforderung für uns war, dass wir nicht unmittelbar Gesellschafter der Komplementär-GmbH werden wollten. Deswegen haben wir den Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH in die GmbH & Co. KG überführt. Somit sind die Gesellschaften wechselseitig aneinander beteiligt und wir Anwälte sind nur Kommanditisten der Anwalts-GmbH & Co. KG. Dabei profitieren wir von der BRAO-Reform, die mehrstöckige Rechtsanwaltsgesellschaften erlaubt, an der keine natürliche Person beteiligt ist.
Sie sind nun also Kommanditisten und keine Partner mehr?
In der Tat, rechtlich gesehen sind wir keine Partner mehr. Partner steht auch nicht mehr auf unseren Visitenkarten. Wir treffen uns aber weiterhin zu unseren Partnerversammlungen. Da erlauben wir uns etwas Nostalgie.
Das Interview stammt aus der aktuellen Ausgabe des JUVE Rechtsmarkt 10/2022.