Es gibt Wirtschaftsanwälte, die ihren Gesetzgeber als geradezu feindselig empfinden. Zuletzt galt das Brexit-Geschehen vielen als Ausdruck von Missachtung ihrer Belange. Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten blieb in Deutschland der Wunsch der Anwaltschaft nach einer Übergangsregelung für deutsche LLP-Gesellschaften bis heute ungehört.
Der nun vorgelegte Gesetzentwurf zur Reform des anwaltlichen Berufs- und Gesellschaftsrechts könnte die Stimmung deutlich verbessern. Denn man muss anerkennen, dass der Entwurf sich unerwartet realitätsnah mit dem Rechtsmarkt und seiner zentralen Institution auseinandersetzt: den Wirtschaftskanzleien.
Das Ministerium will nicht mehr nur Einzelanwälte in den Fokus nehmen, sondern auch die Beratungsgesellschaften. Anwälte sollen sich mit Angehörigen anderer freier Berufe zusammenschließen dürfen, und zwar in einer Gesellschaftsform nach Wahl. Die Organisationen dürfen sogar mehrstöckig aufgestellt sein. Zudem wären sie postulationsfähig und hätten ein eigenes Anwaltspostfach.
Insbesondere dieser Perspektivwechsel in Richtung sogenannter Berufsausübungsgesellschaften ist längst überfällig. Klassische Kanzleien suchen nach neuen Geschäftsfeldern. Das zeigt sich besonders deutlich daran, dass sie reihenweise in die Gewerblichkeit wechseln. Mit dem Entwurf erkennt das Ministerium an, dass die Akteure der Branche im Wettbewerb stehen.
Manch einer wird an dem Referentenentwurf insbesondere mit Blick auf die wachsende Konkurrenz aus der Legal-Tech-Industrie zwar weiterhin eine Entwicklung mit angezogener Handbremse monieren. Genau diese Handbremse dürfte aber helfen, dass der Entwurf den Weg durch die Institutionen unbeschadet nimmt.