Kommentar

Mittelstandsberater erwachen aus dem Dornröschenschlaf

Autor/en
  • Eva Lienemann

JUVE hat wieder einen Blick in die Bücher der Mittelstandsberater geworfen. Das Geschäft boomt, die Wachstumsraten liegen im zweistelligen Bereich, sogar bei der Produktivität. Viele sprechen vom VW-Effekt, der die Kassen klingeln lässt. Doch was bedeuten die blühenden Landschaften für die Struktur in den Kanzleien?

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Großkanzleien beraten Konzerne, und Mittelstandsberater…auch. Vor allem der VW-Dieselskandal beschert der Beraterwelt derzeit einen Geldsegen, der nicht nur Feshfields und Co. trifft. Bekanntermaßen hat die Großkanzlei für die VW-Abwehrschlacht gegen Kunden und Händler eine Reihe von Kanzleien untermandatiert. Was das nicht nur für deren Renommee, sondern auch für die Kassen bedeutet, zeigt ein Blick in die JUVE TOP 50: Gerade auch kleinere Mittelstandsberater konnten aus ihrem UBT-Niveau, das sich in den vergangenen Jahren zwischen 300.000 und 400.000 Euro eingependelt hatte, ausbrechen – oft sogar mit zweistelligen Wachstumsraten. Die selbstbewusste Erhöhung von Stundensätzen und die Annahme der VW-Großmandate zeigen, dass viele der einst vor allem auf Stabilität bedachten Mittelstandsberater 2018 aus dem Dornröschenschlaf erwacht sind.

Was aus wirtschaftlicher Sicht für die Kanzleien höchst erfreulich ist, bedeutet kulturell jedoch einen Schock, der althergebrachte Prägungen auf den Kopf stellt. Was bringt der typische partnerzentrierte Beratungsansatz, wenn VW mit einem Massenverfahren an die Tür klopft? Braucht es dafür nicht Heerscharen von Associates? Gerade in dem Punkt zeigten sich einige Mittelstandsberater flexibler als gedacht: Luther rekrutierte gleich mehr als 100 Projektjuristen, und auch in kleineren Einheiten freundete man sich mit den Juristen auf Zeit an.

Wirtschaftlich kann das Abweichen hin zu mehr Leverage sehr sinnvoll sein: Partner kümmern sich um die strategische Führung und delegieren die Arbeit an kostengünstigere Angestellte. Dieser Weg ist solange gangbar, wie ein Großkonzern bereit ist, den Einsatz der Anwälte fürstlich zu entlohnen. Zwischen Geld und Kultur haben sich deshalb einige für das Geld entschieden und damit eine sich bietende Chance ergriffen. Dass mit Projektjuristen gearbeitet wird, zeigt aber auch, dass die Mittelstandsberater weiterhin ganz genau wissen, wer ihre gut zahlende Kernmandantschaft ist, die gern weiterhin vom Partner persönlich beraten werden möchte. VW ist eben kein Dauerzustand, sondern nur ein Effekt: Überraschend, aber auch schnell wieder vorbei.

 

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