Kommentar

Stiller Abgesang auf das Anwaltsprivileg

Schonungslos aufklären, Problemen im Unternehmen auf den Grund gehen: Compliance-Verantwortliche, die ihren Job ernst nehmen, wollen genau das. Aber dürfen sie das überhaupt noch wollen? Zwei aktuelle Urteile aus Großbritannien und der Fall Jones Day zeigen: Unterlagen aus internen Untersuchungen bei Kanzleien zu lagern, kann riskant sein. Es fehlen klare Regeln.

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Klar wird: Der US-Import Internal Investigations, der aus einem Land kommt, in dem das Legal Privilege sakrosankt ist und Anwälte als Privatermittler agieren können, verträgt sich nicht mit europäischen Regeln. Selbst mit britischen nicht. Zwei aktuelle, noch nicht rechtskräftige Londoner Urteile haben einen Großteil der bei internen Untersuchungen anfallenden Anwaltspapiere dem Legal Privilege entzogen. 

Das Argument klingt ganz ähnlich wie hierzulande bei der Durchsuchung von Jones Day im Fall VW: Es sind keine Unterlagen, auf die sich das schützenswerte Anwalt-Mandant-Verhältnis erstreckt. Und der deutsche Gesetzgeber verschärft das Dilemma noch: Wettbewerbsregister und Selbstreinigung verlangen Transparenz. Gleichzeit aber können sich die Unternehmen nicht darauf verlassen, dass sie ihre internen Aufräummaßnahmen in Ruhe umsetzen können. Immer sind sie davon abhängig, wie viel Vertrauen ihnen der einzelne Staatsanwalt entgegen bringen will.

Die Justiz wird sich kaum dafür einsetzen, einen gewissen Schutzraum zu schaffen. Das ist mit Blick auf das staatliche Verfolgungsinteresse legitim. Was aber bislang auch ausbleibt, ist ein öffentlicher Aufschrei der organisierten Anwalts- und Compliance-Zunft, seien es Kammern oder Vereine. Auch und gerade Kanzleianwälte, aber auch Compliance- und Rechtsverantwortliche in Unternehmen sollten alles daran setzen, klare Spielregeln durchzusetzen, um ihren Job ohne böse Überraschungen machen zu können.

 

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