Kleine Schritte, nicht der große Sprung. So hat Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die Umsetzung der europäischen Verbandsklagerichtlinie vor zwölf Monaten im JUVE-Interview umrissen. Darin hat er Wort gehalten.
Wenn Experten in diesen Tagen den Gesetzesentwurf diskutieren, lautet das einhellige Fazit: Ganz ok, aber noch längst werden nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Zugegeben, es gibt einen entscheidenden Vorteil zu den bestehenden Modellen: Es kann auf Leistung geklagt werden. Aber damit hat es sich auch im Wesentlichen. Weder regelt der Entwurf das Verhältnis zur Kapitalanleger-Musterklage (KapMuG), noch das zur Musterfeststellungklage. Und zusätzlich können massenhafte Einzelklagen, befeuert von geschicktem Marketing und finanzieller Power durch Prozessfinanzierer, ein mächtiges Instrument bleiben.
Das Potpourri an Klagemöglichkeiten im deutschen Rechtswesen ist also noch chaotischer geworden, statt bereinigt zu werden. Da hat es eine gewisse Komik, dass im Rechtsausschuss parallel ein Papier diskutiert wird, mit dem die Union „wirksame Regelungen zur Bewältigung von Massenverfahren“ für die Justiz schaffen will. Die Basis eines wirkungsvollen Rechtschutzes ist möglichst schnelle Rechtssicherheit, das gilt sowohl für Verbraucher als auch für die Beklagtenseite. Deshalb ist es ein bisschen egal, mit welchem Vehikel Ansprüche verfolgt werden – KapMuG, Verbands- oder Individualklage –, sie treffen auf eine heillos unterbesetzte und in der Digitalisierung um Jahre zurückliegende Justiz. Bevor es hierfür keine Abhilfe gibt, führt jeder Schritt ins Leere.
Der Kommentar stammt aus der aktuellen Ausgabe 06/2023 des JUVE Rechtsmarkt.