US-Wahlen

Scharfe Kritik an Jones Day wegen Trump-Nähe

Die Kontroversen um den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl haben den Rechtsmarkt erreicht. Nach einem Bericht der New York Times distanzieren sich eine Reihe von Anwälten von ihrer Kanzlei Jones Day, die eng mit der Trump-Regierung zusammenarbeitet. Zugleich startete die Gruppierung „The Lincoln Project“ eine Kampagne gegen Jones Day und die Kanzlei Porter Wright Morris & Arthur.

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Beide Sozietäten sind aktuell in die Prozessführung um die Wahlergebnisse in verschiedenen US-Bundesstaaten involviert. The Lincoln Project, eine Anti-Trump-Initiative prominenter Republikaner, forderte die Mitarbeiter beider Kanzleien auf, ihre Jobs zu kündigen. Zugleich rief sie ihre 2,7 Millionen Twitter-Follower auf, Anwälte beider Kanzleien über das Karrierenetzwerk LinkedIn zu kontaktieren: „Ask them how they can work for an organization trying to overturn the will of the American people“, hieß es in einem Tweet. Außerdem will The Lincoln Project nach eigenen Angaben 500.000 US-Dollar für eine Anzeigenkampagne gegen Jones Day und Porter Wright aufwenden.

Kanzlei streitet Vorwürfe ab

Jones Day betonte in einer US-Pressemitteilung, die Kanzlei sei weder für Trump selbst noch für seine Wiederwahlkampagne oder damit verbundene Parteien in Prozessen tätig, in denen es um den Vorwurf des Wahlbetrugs gehe. Sie sei auch nicht an Klagen gegen das Wahlergebnis beteiligt. Die Kanzlei vertrete lediglich die Republikanische Partei in Pennsylvania in einem Streit um die Befugnisse des dortigen Supreme Court, der im Sommer die Frist für rechtzeitig abgegebene, aber verspätet eingegangene Wahlzettel verlängert hatte. Presseberichten zufolge wird das Mandat von dem Washingtoner Partner John Gore geführt, der bis 2019 in leitender Funktion im Justizministerium der Trump-Regierung tätig war.

Ansgar Rempp
Ansgar Rempp

Die NYT zitiert anonym sechs Partner und Associates von Jones Day, die das Mandat als Teil der breiteren Kampagne sehen, mit der die Republikaner das Vertrauen in die Gültigkeit des Wahlergebnisses untergraben wollen. Angesichts der geringen Zahl von Wahlzetteln, auf die sich die streitige Frage beziehe, so die Anwälte, gehe es nicht ernsthaft um Sachfragen, sondern schlicht darum, Verdacht auf Unregelmäßigkeiten zu säen. Die Kanzlei wirke damit an der Zerstörung der Fundamente der Demokratie mit. Der Managing-Partner der deutschen Büros von Jones Day, Ansgar Rempp, kommentierte die Vorwürfe JUVE gegenüber nicht.

Mandanten skeptisch, Bewerber bislang unbeeindruckt

Für die Reputation der Kanzlei ist die Kontroverse nach Ansicht potenzieller Mandanten auch hierzulande kritisch. „Wir haben umgehend geprüft, ob wir irgendwo auf der Welt mit Kanzleien zusammenarbeiten, die sich dazu hergeben, die Demokratie zu untergraben. Wenn dem so gewesen wäre, hätten wir die Zusammenarbeit beendet. Nun haben wir sichergestellt, dass wir sie auch in Zukunft nicht mandatieren“, sagte der Chefjurist eines familiengeführten deutschen Konzerns, der auch auf dem US-Markt aktiv ist. „Ich habe bei der Anwaltszulassung einen Eid auf die verfassungsmäßige Ordnung geschworen, den ich nach wie vor ernst nehme.“

Auch der General Counsel eines Dax-Konzerns, der aktuell nicht Jones Day-Mandant ist, erklärt: „Ich würde ernsthaft darüber nachdenken, die Zusammenarbeit mit einer solchen Kanzlei zu beenden.“ Nuancierter sieht es der Panel-Beauftragte eines weiteren Dax-Konzerns: „Wir werden nie als offizielle Linie verkünden, dass wir mit bestimmten Kanzleien nicht mehr zusammenarbeiten, schon gar nicht, wenn das politische Gründe hätte. Intern spielen bei Mandatierungsentscheidungen aber durchaus auch ethische Gründe eine Rolle – immerhin sind wir unseren Shareholdern verpflichtet.“ 

Sichtbare Folgen für die Rekrutierung in Deutschland hat die Kontroverse dagegen nicht, jedenfalls bisher. „Nach meiner Erfahrung legen deutsche Anwälte viel zu großen Wert auf politische Unabhängigkeit, als dass sie die Wahl ihrer Kanzlei von deren politischer Ausrichtung – tatsächlich oder gefühlt – in den USA abhängig machen würden“, sagt der Frankfurter Headhunter Nikolaus Pohlschroeder. „Wie sich eine Kanzlei in den USA politisch positioniert, war meiner Erfahrung nach für potenzielle Quereinsteiger in Deutschland nie ein Entscheidungskriterium, selbst nach Trumps Wahl 2016“, sagt auch Tamara Cohen, Personalberaterin in München. „Das könnte sich jetzt aber ändern.“ 

20 Millionen Umsatz mit Trump und Republikanern

Jones Day hat laut öffentlich einsehbarer Statistiken der US-Wahlbehörde FEC seit 2015 rund 20 Millionen US-Dollar mit der Beratung der Trump-Kampagne und der Republikanischen Partei eingenommen, davon etwa 4 Millionen im Jahr 2020. Unter anderem beriet die Kanzlei Trump und die Republikaner zu den Ermittlungen von Special Counsel Robert Mueller in der Russland-Affäre. Finanziell sind diese Mandate für die Kanzlei, die jährlich weltweit rund 2 Milliarden US-Dollar umsetzt, eher unbedeutend. Allerdings positionierte sich Jones Day damit deutlicher als alle anderen Wirtschaftskanzleien ähnlicher Größenordnung als Hauskanzlei des amtierenden Präsidenten.

Abgesehen von konkreten Mandaten sind auch die personellen Verbindungen von Jones Day zur Trump-Administration eng, selbst gemessen an dem in den USA üblichen, regelmäßigen Wechsel von Juristen zwischen dem privaten Sektor und politisch besetzten Posten in Behörden und Ministerien. Neben dem Washingtoner Partner Donald McGahn, der 2017 als Chefjurist ins Weiße Haus berufen wurde, wechselten noch ein weiteres Dutzend erfahrener Jones Day-Anwälte auf hohe Regierungs- und Verwaltungsposten. McGahn kehrte nach Meinungsverschiedenheiten mit Trump zu Jones Day zurück.

Sein Nachfolger als White House Counsel, Pasquale Cipollone, war in der Vergangenheit für Kirkland & Ellis tätig, ebenso wie Justizminister William Barr und etliche seiner Mitarbeiter. Der von Trump nominierte, umstrittene Supreme-Court-Richter Brett Kavanaugh ist ebenfalls Kirkland-Alumnus. Entsprechend gilt auch Kirkland als eher republikanisch geprägt, während Kanzleien wie Covington & Burling engere Verbindungen zur Demokratischen Partei haben. Innerhalb der Kanzleien gehen die politischen Meinungen allerdings weit auseinander. So spendeten etwa die Mitarbeiter von Jones Day mit großer Mehrheit für die Wahlkampagne von Joe Biden. Auch im sogenannten Transition Team, das den Übergang des Justizministeriums in die Biden-Präsidentschaft managen soll, ist mit Shirlethia Franklin eine Jones Day-Partnerin Mitglied. Sie war bereits zu Beginn der Trump-Präsidentschaft in leitender Position im Justizministerium tätig, wechselte Anfang 2017 aber als Partnerin zu Jones Day. (Norbert Parzinger)

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