Abgasskandal

Anlegeranwälte suchen multinationale Lösung – in den Niederlanden

Der VW-Abgas­skandal hat längst auch Österreich erreicht. Spätestens als das österreichische Verkehrsministerium über 360.000 Fahrzeuge zurückrufen ließ ist klar: Auch auf österreichische Anwälte kommt einiges zu – insbesondere auf Anleger- und Verbraucherseite. Sie übernehmen dabei sogar eine führende ­Rolle.

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Eine Schlüsselrolle kommt den Niederlanden zu: Dort wollen Auto­besitzer und Investoren aktiv werden. Hierfür wurden bereits zwei Stiftungen gegründet, die die Rechte der Betroffenen vertreten: die „Stichting Volkswagen Car Claim“ für die Auto­besitzer, die „Stichting Volkswagen Investors Claim“ für die Investoren. Begleitet wird das Verfahren in Österreich von dem Wiener Anlegerschutzanwalt Eric Breiteneder von der gleichnamigen Kanzlei. In den Niederlanden ist die Sozietät AKD Prinsen Van Wijmen in dieser Sache tätig. Als Vorsitzender des Beirates für die Stiftung der Auto­besitzer ist der ehemalige deutsche Bundesminister und Rechtsanwalt Gerhart Baum (FDP) von der Kanzlei Baum Reiter & Collegen mit an Bord.

Breiteneder kam nicht nur über seine guten Verbindungen zum Verein für Konsumenteninformation (VKI) ins Mandat, sondern auch über die US-Kanzlei Labaton Sucharow – in den USA vor allem bekannt für Class Action-­Fälle. Sie kam auf Breiteneder und den niederländischen AKD-­Partner Patrick Haas zu. Beide hatten im Meinl-Komplex für die Geschädigten der Meinl European Land-Papiere eine ähnliche Stiftungslösung angestrebt wie nun in Sachen VW.
Finanziert werden beide Stiftungen von Labaton Sucharow – ein gängiges System in den USA, wo Kanzleien häufig über genug Eigenkapital verfügen und so teurere Prozessfinanzierer vermeiden können. Die Führung der Stiftung soll jedoch nicht mit Anwälten besetzt werden, die an den Verhandlungen direkt beteiligt sind, sondern mit Vertretern der Konsumentenschutzorganisationen, um Interessenkonflikten vorzubeugen.

Als nächstes geht es darum, über Verbraucherschutzorganisationen und befreundete Kanzleien weitere Konsumentenschutzorganisationen und Investoren von dem Konzept zu überzeugen.
Das Ziel: Explizit wollen die Stiftungen Klagen vermeiden und eine Vergleichslösung finden: „Ein Erfolg für uns ist, wenn wir nicht klagen müssen. Die Stiftungen sind vielmehr Vehikel, die es ermöglichen, schnell und effizient eine paneuropäische Lösung sowohl im Interesse der Geschädigten, als auch des Schädigers zu finden“, ­betont Breiteneder. Und er geht noch einen Schritt weiter: „Dies ist eine ­historische Chance, ein europäisches ­System für Massenverfahren mitzugestalten.“

Breitenreder ist jedoch nicht der einzige österreichische Anwalt, der derzeit aufseiten der Verbraucher zu sehen ist: Der ebenfalls mit dem VKI eng verbundene Dr. Alexander Klauser von der Wiener Kanzlei Brauneis Klauser Prändl wird die Individualverfahren für Verbraucher in Österreich übernehmen, deren Fälle nicht in der Stiftung gebündelt werden können. Klauser vertritt zudem die Unternehmen, die VW-Fahrzeuge besitzen, gemäß den Statuten jedoch nicht vom VKI vertreten werden können, da diese sich nur um Verbraucher kümmern kann. Hierzu sammelt er Daten, um diese auch später der Stiftung für die Verhandlungen zur Verfügung stellen zu können.
Der Wiener Anwalt vertritt und berät den VKI zudem in den Gesprächen mit anderen Verbraucherschutzorganisationen, die perspektivisch noch in die Stiftungslösung einsteigen könnten.

„Dieselgate“ in Zahlen
Die wichtigsten Ereignisse im VW-Komplex

2005/06: Bei VW soll die Entscheidung über die Manipulation der Software gefallen sein.

2014: Die Studie eines US-Forschungsinstituts belegt erhöhte Abgas­werte bei VW-Modellen. Anscheinend versucht VW, die Probleme durch Verhandlungen zu lösen.

3. September 2015: VW räumt gegenüber der US-Umweltbehörde EPA die Manipulation ein.

18. September 2015: Die US-Umweltbehörde EPA teilt mit, dass Volkswagen Software zur Manipulation der Abgasemission genutzt habe.

Oktober 2015: Der VW-Skandal wird zur Spielwiese für Anwälte: Unter anderem begleitet SZA Schilling Zutt & Anschütz den Konzern kapitalmarktrechtlich, Freshfields Bruckhaus Deringer ist gemeinsam mit Local Counseln für die Aufarbeitung außerhalb der USA zuständig, Jones Day (interne Untersuchung) und White & Case (strafrechtlich) sind mit an Bord. Die deutsche Kanzlei Tilp reicht die erste Anlegerklage in Deutschland ein. Kurz darauf folgen weitere Anleger mit anderen Kanzleien.

8. Oktober 2015: Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt durch­suchen Büros bei Volkswagen in Wolfsburg und an anderen Orten.

15. Oktober 2015: VW ruft europaweit 8,5 Millionen Fahrzeuge zurück, Österreich ordnet Rückzug von 363.000 Fahrzeugen an.

Quellen: www.juve.de, www.ndr.de
 

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