FMA-Statistik zu Whistleblowern

Deutlich mehr Hinweisgeber wenden sich an die Aufsichtsbehörde

Zum Jahreswechsel hat die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) eine Bilanz gezogen: Insgesamt 432 Hinweise zu möglichen Missständen bei Unternehmen unter der Aufsicht der Behörde gelangten 2023 über die eigene Whistleblower-Plattform an die FMA. Das sind insgesamt 195 mehr als es noch im Jahr 2022 waren. Als deutliches Plus entpuppt sich diese Zunahme allerdings nur auf den ersten Blick.

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Allerdings betrafen noch längst nicht alle eingegangenen Hinweise den Aufgabenbereich der Aufsichtsbehörde. Lediglich 234 Hinweise erwiesen sich als relevant, die übrigen entfielen auf Steuervergehen, den Aufgabenbereich anderer Behörden oder waren substanzlos.

Stephan Heckenthaler

Vom deutlichen Anstieg der eingegangenen Hinweise zeigt sich auch Binder Grösswang Partner Dr. Stephan Heckenthaler (45) überrascht – zumindest auf den ersten Blick. „Zwar ist die Gesamtzahl der eingegangenen Hinweise signifikant gestiegen, die Anzahl jener Hinweise, die tatsächlich im Aufsichtsbereich der FMA gelegen sind, ist aber im Vergleich zu den Zahlen der letzten fünf Jahre nur geringfügig gestiegen“, erklärt Heckenthaler. Bei genauerer Betrachtung der Zahlen (Tabelle: Gemeldete aufsichtsrechtliche Mängel stabil ) zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Fälle im Vergleich zum Vorjahr, im Fünfjahresvergleich allerdings präsentiert sich 2022 dann doch eher als statistischer Ausreißer. Eine mögliche Erklärung für den deutlichen Anstieg der insgesamt eingegangenen Hinweise hat Heckenthaler auch bei der Hand: „Es ist denkbar, dass durch das Hinweisgeberschutzgesetz, das Thema Whistleblowing in der Öffentlichkeit breiter wahrgenommen wird und sich dadurch mehr Menschen ermutigt sehen, einen vermeintlichen Missstand zu melden.“

Thematisch umfassen die Hinweise ein breites Feld, das von möglichen Verstößen gegen regulatorische Vorschriften oder die allgemeine Rechnungslegung über den Verdacht auf Geldwäsche bis hin zu versicherungsrechtlichen Themen reicht. Als Spitzenreiter zeigt sich das Thema Anlagebetrug. Insgesamt 67 Verdachtsfälle wurden der FMA von Whistleblowern mithilfe der Plattform übermittelt.

JahrHinweiseÄnderung in %davon im Aufsichtsbereich der FMAVeränderung in %
2023432+82,3234+40,9
2022237-25,7139-58,3
2021298+6,7220-10,9
2020278+5,4244+6,1
2019263229
Gemeldete aufsichtsrechtliche Mängel stabil

Auf den ersten Blick verzeichnet die FMA einen signifikanten Anstieg der eingegangenen Hinweise – die Zahl der tatsächlichen gemeldeten möglichen aufsichtsrechtlichen Mängel hingegen zeigt sich bereits länger stabil.

Quelle: FMA
Andreas Zahradnik

Doch was gilt es als Unternehmen zu tun, sollte sich die FMA nach einem eingelangten Hinweis melden? Zunächst gilt es natürlich intern zu überprüfen, ob an dem gemeldeten Missstand etwas dran ist. Das ist aber nicht immer ganz einfach, wie Dr. Andreas Zahradnik (55), Partner im Bank- und Finanzrechtsteam von Dorda, weiß. „Die Anfragen der FMA sind zunächst oft eher generisch, da ist nicht immer klar, worauf sie sich konkret beziehen. Insbesondere für große Unternehmen ist es dann schwer, den entsprechenden Sachverhalt zu identifizieren.“ Nächste Schritte seien neben der Stellungnahme dann im Falle eines Fehlers zu ergründen, ob es sich um einen Einzelfall oder einen Systemfehler handelt. Der Zeitpunkt, an denen externe Berater mit eingeschaltet werden, ist leider nicht immer optimal: „Oftmals versuchen Unternehmen zunächst einmal, den Sachverhalt selbst mit der entsprechenden Behörde zu klären. Regelmäßig lassen sich diese Anfragen aber schon mit juristischen Argumenten so beantworten, dass das Unternehmen gar nicht erst in die Tiefe gehen muss“, berichtet Zahradnik.

Peter Wagesreiter

Noch früher setzen interne Whistleblowing-Plattformen an. Eine davon ist „Whisper“. Vor knapp zwei Jahren hat die Kanzlei HSP Rechtsanwälte, in der Dr. Peter Wagesreiter (56) Partner ist, damit begonnen für ihre Mandanten eine Plattform zu entwickeln. Seit Anfang 2023 steht diese nun Mandanten, aber auch anderen Unternehmen zu Verfügung. Um die 30 Mandanten nutzen laut Wagesreiter bereits die Plattform. Für ihn bietet die interne Whistleblowing-Plattform – zu deren Einrichtung gewisse Unternehmen verpflichtet sind, eine Nichteinhaltung allerdings nicht bestraft wird – gleich mehrere Vorteile für den Mandanten: „Zum einen fühlt sich der Mitarbeiter wohler, da er die Möglichkeit bekommt, Probleme anzusprechen. Daneben ermöglichen interne Plattformen sich Problemen anzunehmen, bevor diese an eine Behörde oder sogar die Presse getragen werden.“ Weiter erläutert Wagesreiter:„Und für Geschäftsführer oder andere Organe besteht natürlich auch ein haftungsrechtlicher Vorteil, wenn das Unternehmen eine korrekte Plattform vorweisen kann.“ Bisher seien allerdings nur sehr wenige Hinweise über „Whisper“ eingelangt. Das könnte laut Wagesreiter nicht zuletzt daran liegen, dass die Unternehmen, die die gesetzlich geforderte Plattform eingerichtet haben, auch die sind, die sich generell gesetzeskonform verhalten.

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