Dies sagte Martin Ulrich, Sprecher der Generalprokuratur, im Gespräch mit JUVE. Damit solle allein der Anschein möglicher Befangenheit ausgeschlossen werden. Ulrich beschrieb die Zuweisung der Verfahren an eine andere Staatsanwaltschaft als „gewöhnlichen“ und „unaufgeregten Vorgang“.
Außerdem soll die Staatsanwaltschaft Wien laut einem Artikel von ,Die Presse‘ noch vor der Übergabe der Akten nach Linz ein Rechtshilfegesuch an Luxemburg gestellt hat, um Daten der Kanzlei Lansky Ganzger + Partner (LGP) einzusehen, die dort auf Servern lagern. Schon 2013 hatte die Behörde ein solches Rechtshilfegesuch gestellt, das im August vergangenen Jahres vom Oberlandesgericht Wien (OLG) für rechtswidrig erklärt wurde. Die Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft teilte JUVE gegenüber mit, dass sie dazu keine Auskunft erteilen könne.
Die Staatsanwaltschaft Linz bestätigte zwar, dass sie nun die Ermittlungen führt, wollte sich zum jetzigen Zeitpunkt aber weder zu den Ermittlungstatbeständen äußern, noch die Personen benennen, gegen die ermittelt wird. Auch zu dem angeblichen Rechtshilfegesuch wollte sie sich derzeit nicht äußern.
Dennoch dürfte unstrittig sein, dass es sich dabei um die Ermittlungsverfahren gegen den Namenspartner der Wiener Kanzlei LGP, Dr. Gabriel Lansky, und zwei weitere Juristen handelt, die für die Kanzlei tätig waren beziehungsweise sind. Ihnen wird schwere Nötigung und ,Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs’ vorgeworfen (Az. 502 St 200/12f). Sie stehen im Verdacht, in der sogenannten Causa Aliyev für den kasachischen Geheimdienst KNB gearbeitet zu haben. Lansky hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen: Die Ermittlungen seien bereits seit 2011 anhängig und ein “alter Hut”.
Seit März 2015 gehören zu dem Komplex auch die Ermittlungen, die die Staatsanwaltschaft Wien gegen eine zwischenzeitlich vom Dienst freigestellte Oberstaatsanwältin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses aufgenommen hat. Sie war einst Konzipientin bei LGP.
Seitdem waren die Verfahren mehrfach zwischen Staatsanwaltschaften hin- und hergeschoben worden. Zuletzt hatte die Staatsanwaltschaft St. Pölten Mitte April den gesamten Ermittlungskomplex wieder an die Oberstaatsanwaltschaft Wien abgetreten. Grund dafür war laut einer Sprecherin der St. Pöltener Staatsanwaltschaft, dass St. Pölten zum Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Wien gehört und nun im Zusammenhang mit dem Lansky-Aliyev-Komplex auch gegen eine Wiener Oberstaatsanwältin ermittelt wird – und damit gegen eine Juristin aus demselben Sprengel.
Hat LGP die Staatsanwaltschaft unterwandert?
Darüber hinaus behauptete die Tageszeitung ,Kurier‘, dass die Kanzlei LGP „fünf zeitweilig karenzierte Wiener Staatsanwälte privat in der Causa Aliyev beschäftigt habe. Zudem zitiert der Kurier zwei Anwälte Aliyevs damit, dass der Verdacht bestünde, „dass die Staatsanwalt Wien durch die Kanzlei Lansky ,unterwandert‘ sei“.
Lanksy selbst erklärte JUVE gegenüber, dass zwei der vermutlich gemeinten Personen von anderen Anwaltskanzleien zu LGP gekommen seien und dann zur Staatsanwaltschaft gewechselt waren. Eine Person hätte bei der Staatsanwaltschaft Wien gekündigt, sei bei LGP als Rechtsanwaltsanwärter eingetreten und einige Jahre später wieder in die Staatsanwaltschaft zurückgegangen. Eine weitere Person sei von der Staatsanwaltschaft zu einer anderen Anwaltskanzlei gegangen und dann zu LGP gekommen. Sie sei nach wie vor in der Anwaltschaft tätig. LGP beschäftigt derzeit nach eigener Aussage keine ehemaligen Staatsanwälte.
„Alle Personen waren nicht ,privat‘ für LGP tätig, sondern offiziell als Rechtsanwaltsanwärter beziehungsweise als Rechtsanwälte angestellt“, betonte Lansky. „Keine der genannten Personen war während ihrer Tätigkeit bei LGP karenziert.“ Zudem sei ein früherer Staatsanwalt, der fallweise als externer Berater für LGP tätig war, seit vielen Jahren in Pension. „Die angebliche Unterwanderung der StA ist daher ganz offensichtlich glatter Unsinn“, so Lansky. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.