Einheitspatent und Gerichtsbarkeit

Verhandlungen offenbar abgeschlossen

Autor/en
  • Catrin Behlau

Großer Schritt in Sachen EU-Einheitspatent und -Patentgericht: Offenbar sind die Verhandlungen über die zwei Verordnungen für ein Einheitspatent und das Übereinkommen zur Schaffung einer gemeinsamen Patentgerichtsbarkeit abgeschlossen. Nun muss noch das Europäische Parlament den Verordnungen zustimmen. Die Absegnung durch die Parlamentarier gilt jedoch als sicher.

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Aus Expertenkreisen wurde bekannt, dass sowohl die Verordnungen als auch Übereinkommen nach dem Willen des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments unbedingt noch vor Ende der dänischen Ratspräsidentschaft Ende Juni abgeschlossen sein sollen. Schlüsselfigur ist nach Marktinformationen der EU-Parlamentarier und Düsseldorfer Taylor Wessing-Partner Klaus-Heiner Lehne, der als Vorsitzender des Rechtsausschusses maßgeblich an dem Projekt beteiligt ist. Ein Termin für die erste Lesung im Parlament steht jedoch offenbar bislang noch nicht fest.

Soweit bekannt, sind die Inhalte der Verordnung und des Übereinkommens nicht mehr verhandelbar. Änderungen würden nur noch auf ausdrücklichen Wunsch des Europäischen Parlaments vorgenommen. Dass von Seiten der Parlamentarier jedoch noch große Vorbehalte kommen werden, gilt unter Experten als ausgeschlossen. Beide großen Fraktionen seien mit den Plänen im Kern einverstanden.

Die neuen Vorschläge waren nötig geworden, da die Schaffung der geplanten EU-Gerichtsbarkeit sowie des Einheitspatents zuletzt einige Rückschläge einstecken mussten. Beim EU-Gericht hatte der EuGH im Frühjahr sein Veto eingelegt, da das Patentgericht außerhalb des institutionellen und gerichtlichen Rahmens der EU gestanden hätte (mehr…). Geplant ist nun offenbar ein Gericht nach Vorbild des Benelux-Markengerichts. Eine Benelux-Marke gilt in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg. Letzte Instanz für Beschwerdesachen und Verletzungsverfahren bei Benelux-Marken ist der EuGH. Würde sich dieses Modell durchsetzen, wäre ein Hauptkritikpunkt aus dem EuGH-Gutachten von 2011 ausgeräumt. Viele Patentrechtler sehen dies jedoch kritisch – sie fürchten, dass vielen EuGH-Richtern die fachliche Qualität für Patentstreitigkeiten fehlt.

Klagen beim EuGH anhängig

Das Gemeinschaftspatent scheiterte ursprünglich nicht zuletzt an der Sprachregelung und dort insbesondere am Widerstand Spaniens und Italiens (mehr…). Nun soll das Einheitspatent im Zuge einer „Verstärkten Zusammenarbeit“ eingeführt werden, der mittlerweile 25 von 27 Mitgliedsstaaten beigetreten sind (mehr…). Klagen von Spanien und Italien gegen die „Verstärkte Zusammenarbeit“ sind derzeit jedoch noch beim EuGH anhängig. Die Vorschläge der EU-Kommission sehen wohl nun unter anderem vor, dass Patentinhaber, die eine Patentanmeldung in einer anderen Sprache als den EPA-Amtssprachen Deutsch, Englisch oder Französisch einreichen, einen Ausgleich für die entstehenden Übersetzungskosten erhalten sollen.

Der Verhandlungsprozess hatte immer wieder für Kritik unter Patentrechtlern gesorgt. Sie bemängelten unter anderem, dass das Verfahren nicht transparent gewesen und wichtige Wünsche und inhaltliche Kritikpunkte der Anwälte nicht berücksichtigt worden seien.

Marktbeobachter weisen trotz des jetzigen Durchbruchs jedoch darauf hin, dass dies nur ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer Einheitsgerichtsbarkeit ist. Derzeit wird auf EU-Ebene die Verfahrensordnung ausgearbeitet, bei der noch einige Stolpersteine, insbesondere bei der Harmonisierung der nationalen ZPOs, warten. Ein Experte schätzt, dass es bis zur tatsächlichen Einrichtung des Gerichts noch mehrere Jahre dauern könnte. Zudem stünde auch noch der Ratifizierungsprozess in zumindest einem Teil der Mitgliedsstaaten an. Inwieweit die neue Entwicklung die deutschen Gerichte betrifft, ist noch unklar. Derzeit favorisieren die Bundesregierung und der Bundesrat München als Sitz der Zentralkammer. Dies wird jedoch nicht von der EU-Kommission bzw. dem EU-Parlament, sondern zwischen den Regierungen der Mitgliedsstaaten entschieden.

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