Auch an der Führungsspitze der Verlags ändert sich einiges. Die derzeitige Vorstandsvorsitzende Ulla Unseld-Berkéwicz wird sich im Laufe der kommenden Monate aus dem operativen Geschäft zurückziehen und in den Aufsichtsrat wechseln. Dort folgt sie, zusammen mit Sylvia Ströher und einer weiteren Person, auf den Gründungsaufsichtsrat der Suhrkamp AG, bestehend aus Gerhart Baum, Hans Magnus Enzensberger und Marie Warburg. Ihr Nachfolger und künftig alleiniger Vorstand ist Dr. Jonathan Landgrebe, der auch zuvor schon der Geschäftsführung angehörte.
Erst im Dezember hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Suhrkamp Verlag eine Aktiengesellschaft werden darf. Miteigentümer Hans Barlach hatte sich mit allen juristischen Mitteln gegen die Umwandlung gestemmt. Er verliert dadurch vielfältige Mitspracherechte, die ihm der alte Gesellschaftervertrag eingeräumt hatte. Barlach kann nun keinen Einfluss mehr auf das operative Geschäft nehmen. Jahrelang hatten sich die Familienstiftung und Barlach einen erbitterten Streit um die Vorherrschaft im Verlag geliefert.
Die Ströher-Familie hatte bereits vor der Insolvenz des Verlags Interesse an einem Einstieg bei Suhrkamp bekundet. Verhandlungen über einen Kauf der Barlach-Anteile sollen damals weit gediehen sein, es kam aber letztendlich zu keinem Abschluss. In der Insolvenz streckte die Darmstädter Unternehmerfamilie bereits Geld vor, damit der Verlag offene Autorenhonorare vorübergehend bezahlen konnte. Ihre Beteiligung sieht Sylvia Ströher nicht in erster Linie unter wirtschaftlichen Aspekten. „Die Beteiligung an der Suhrkamp AG liegt außerhalb unserer sonstigen Anlagestrategie und ist somit auch mit keiner Dividendenerwartung verbunden.“
Hintergrund: Der Hamburger Gleiss-Gesellschaftsrechtler Wöbke berät den Verlag in dem gesamten Komplex gemeinsam mit dem Stuttgarter Insolvenzspezialisten Dr. Andreas Spahlinger. Flick Gocke berät Ströher seit Langem und stand der Familie nach Marktinformationen bereits bei den Verhandlungen um den Erwerb der Barlach-Anteile zur Seite.
Die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung wird weiterhin von Dr. Hauke Witthohn von WAS Witthohn Aschmann beraten, auch Hengeler Mueller stand ihr in der Vergangenheit häufig zur Seite. Die bisherige Suhrkamp-Geschäftsführung wird in den noch anhängigen Streitigkeiten mit Minderheitsgesellschafter Barlach gesondert vertreten, sie setzt auf Dr. Jörg Jaecks von der Berliner Kanzlei Raue.
Barlach wird von den Hamburger Kanzleien Schultz-Süchting und Leo Schmidt-Hollburg Witte & Frank vertreten, in insolvenzrechtlichen Fragen beriet ihn Happ Luther. Die Verfassungsbeschwerde betreute die Frankfurter Sozietät HammPartner.