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Es war ein historischer Wachstumssprung für den bislang nur kommunal aufgestellten Versorger Südwestfalen Energie und Wasser AG, kurz SEWAG. Mit der Übernahme der deutschen Nuon-Tochter verdoppelten die Hagener ihre Kundenzahl auf einen Schlag auf rund 600.000, stiegen dadurch zum bundesweiten Energieunternehmen auf und benannten sich zu guter Letzt in Enervie um. Bislang war die SEWAG, an der die Städte Hagen (43 Prozent) und Lüdenscheid (24 Prozent) die Mehrheit halten, nur im engeren Umkreis der beiden südwestfälischen Städte tätig. Mit ihren 1,1 Milliarden Euro Umsatz vertraute die Gesellschaft dabei in der Vergangenheit für gewöhnlich auf Großkanzleien. Dass sie nun ausgerechnet beim Erwerb des Deutschlandgeschäfts der Vattenfall-Tochter Nuon auf die kleine Bonner Sozietät Meilicke Hoffmann und deren Namenspartner Jürgen Hoffmann setzte, dürfte deswegen selbst Kenner der Szene verwundern. Im Rheinland gehört Meilicke Hoffmann mit seinen gut ein Dutzend Anwälten zwar zu den führenden Kanzleien, neben Gesellschaftsrechtler Hoffmann gelten der Steuerrechtler und weiterer Namenspartner Dr. Wieland Meilicke und der Aktienrechtsspezialist Dr. Thomas Heidel auch überregional als bekannte Namen. Im energierechtlichen Umfeld dagegen tauchte die Kanzlei aus dem sehr grünen und pulsierenden Stadtteil Poppelsdorf der ehemaligen Bundeshauptstadt bislang nicht groß auf. Doch die Wahl Hoffmanns scheint sich für die SEWAG gelohnt zu haben, jedenfalls erntete der Bonner für seine Arbeit – es war gleichzeitig seine Premiere an der SEWAG-Seite – auch von der Gegenseite viel Respekt. An das Mandat war Hoffmann über eine Empfehlung gekommen. Die Kaufverhandlungen stemmte er nun ganz alleine und bescherte damit seiner Kanzlei und auch sich persönlich einen Jahresauftakt, zu dem der oft verwendete Begriff Traumstart auch tatsächlich passt. Denn auch wenn Hoffmann mit überschwänglichen Formulierungen eher zurückhaltend ist, wird er wohl trotz 27 Jahren Kanzleizugehörigkeit kaum zwei ähnlich stark beachtete Transaktionen binnen weniger Tage finden. Denn nur ein paar Tage zuvor hatte er gemeinsam mit Partnerin Stefanie Mayer auch seine langjährige Mandantin TNT begleitet. Die Niederländer gründeten mit mehreren deutschen Verlagen eine Briefallianz, um der Deutschen Post in dem Bereich mehr Konkurrenz zu machen (siehe Deal auf S. 67). Mehr erwünschte Konkurrenz, zumindest wenn es nach der Europäischen Wettbewerbskommission geht, war nun auch der ausschlaggebende Grund dafür, dass die zum schwedischen Energiekonzern Vattenfall gehörende Berliner Vattenfall Europe AG jetzt das deutsche Stromkundengeschäft von Nuon verkaufte bzw. verkaufen musste. Erst im vergangenen Jahr hatte die Vattenfall-Muttergesellschaft den niederländischen Nuon-Konzern übernommen. Die EU-Wettbewerbshüter hatten der Übernahme seinerzeit aber nur unter der Bedingung zugestimmt, dass sich Vattenfall vom deutschen Nuon-Geschäft wieder trennt. Denn die Nuon Deutschland GmbH gehört mit ihren rund 300.000 Strom- und Gaskunden vor allem in Berlin und Hamburg zu den aktivsten Wettbewerbern von Vattenfall. Der Umsatz des Unternehmens lag zuletzt bei 244 Millionen Euro. Dass die Wahl Vattenfalls für den Weiterverkauf nun auf Linklaters fiel, ist indes keine große Überraschung, auch wenn in Deutschland vor allem White & Case zu den regelmäßigen Beratern des schwedischen Energiekonzerns zählt. Die US-Kanzlei begleitet derzeit beispielsweise den laufenden Verkauf des deutschen Vattenfall-Stromnetzes, der mehrere hundert Millionen Euro schwer ist und nach Presseberichten Ende des vergangenen Jahres bereits dicht vor dem Abschluss gestanden haben soll. Bei der Nuon-Übernahme Anfang 2009 stand jedoch Linklaters dem Vattenfall-Konzern beratend zur Seite. Damals hatte der Amsterdamer Partner Peter Goes die Gesamtleitung der Transaktion inne, bei dem Verkauf des Deutschlandgeschäfts an die SEWAG hatte der Münchner Corporate-M&A-Partner Stephan Morsch die Federführung. Morsch persönlich hat Vattenfall zum ersten Mal beraten. Für Daniela Seeliger, die die kartellrechtliche Federführung übernahm, war es hingegen nicht das erste Mal. Die Düsseldorfer Partnerin berät den schwedischen Energiekonzern seit vier Jahren regelmäßig in kartellrechtlichen Fragen und war auch schon beim Nuon-Kauf dabei. Auch beim jetzigen nachfolgenden Verkauf des deutschen Teils von Nuon kam Seeliger angesichts des Hintergrunds der Transaktion nun neben dem Corporate-M&A-Partner Morsch eine entsprechend wichtige Rolle zu. Denn bei nur unter Auflagen genehmigten Zusammenschlüssen wie Vattenfall/Nuon müssen die Bedingungen – in diesem Fall der Verkauf des Deutschlandgeschäfts von Nuon – nicht nur in einer ganz bestimmten Zeitspanne erfüllt werden. Es muss auch ein Käufer gefunden werden, der den Ansprüchen der EU-Kommission genügt und ausreichend Wettbewerb gewährleistet. Zumindest nach Ansicht des Bundeskartellamts war dies nun der Fall, denn es erteilte grünes Licht für die Übernahme der deutschen Nuon-Sparte durch die SEWAG. Dessen Umbennenung in Enervie geschah übrigens auch nicht freiweillig, sondern war markenrechtlichen Zwängen geschuldet.