Seit fast einem Jahr ist das Leben von Stefan Weileder auf den Kopf gestellt. „Seit letztem Oktober hat das Arbeitspensum spürbar zugenommen, 12 bis 14 Stunden-Tage sind seither keine Ausnahme mehr, sondern eher die Regel. Zum Frühsommer waren die Akkus dann schon ziemlich leer. Insoweit hat ein kleines Sommerloch ganz gut getan“, sagt der Partner in der Kanzlei Graf Isola. Auch Kollegen bescheinigen ihm, dass er in diesen vergangenen Monaten „sichtlich gealtert“ ist. Diese Mehrbelastung hat vor allem einen Namen: Signa.

Im November des vergangenen Jahres wurde der Insolvenzrechtsexperte aus Graz nach einem Pitch zum Schuldnervertreter der größten Gesellschaften der insolventen Immobiliengesellschaft, der Signa Development Selection und der Signa Prime Selection, ernannt. Genauer gesagt ist er für die beiden Aktiengesellschaften, die den Kern dieser größten Pleite der Republik bilden, und deren Unterbau hauptzuständig. „Im Schnitt lag der Aufwand für Signa in den letzten Monaten bei 70 bis 80 Prozent meiner Arbeit“, schätzt Weileder, „es gab aber auch Phasen, da habe ich nahezu ausschließlich an Signa-Causen gearbeitet.“ Diese Megainsolvenz hat auf den Juristen auch lokale Auswirkungen: Pendelte er in der Zeit vor Signa durchschnittlich ein Mal pro Woche aus seiner Heimatstadt Graz nach Wien, so verbringt er nun die Hälfte seiner Arbeitszeit in dem Wiener Büro von Graf Isola.
Abwechslung garantiert
Nach der Gerichtspraxis, die der heute 44-Jährige in Graz und Kärnten absolvierte, heuerte Weileder im Jahr 2006 bei der renommierten Kanzlei an, bei der er bis heute tätig ist. Partner Dr. Alexander Isola genoss bereits damals einen exzellenten Ruf als Insolvenzrechtsexperte.
Isola holte Weileder zu sich ins Team und band den jungen Kollegen auch von Anfang an in Insolvenzverwaltungsmandate ein. „Eigentlich war es Zufall, dass ich im Insolvenzrecht gelandet bin“, erzählt der Anwalt. Bereut hat er seine Wahl aber nie: „Es war nie fad. Mir würde ad hoc auch kein anderes Rechtsgebiet einfallen, wohin ich tauschen möchte“, schwärmt er. Dass man es dabei mit einer Querschnittsmaterie – oft sind andere Gebiete wie Gesellschaftsrecht oder Mietrecht involviert – zu tun hat, reizt den Vater von zwei Töchtern ebenso wie die Abwechslung in den Branchen. Ist man bei der Pleite eines Entsorgungsbetriebs dabei, müsse man sich in das Abfallwirtschaftsgesetz hineintigern, bei einem Stromlieferanten lerne man eben das Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz näher kennen.
Undenkbar, den ganzen Tag nur an Verträgen oder Schriftsätzen zu arbeiten
Insolvenzverwaltung macht ihm dabei am meisten Spaß. „Die Insolvenzverwaltung ist so etwas wie meine Passion. Deswegen bin ich letztlich wohl Anwalt geworden. Man kann unternehmerisch gestalten und eigenständig entscheiden. Für mich wäre es undenkbar, den ganzen Tag nur an Verträgen oder Schriftsätzen zu arbeiten.“
Masseverwaltungsmandate übernimmt Weileder in Graz und Leoben, in Wien ist er als Schuldnervertreter tätig. Die größten Insolvenzen, bei denen er dabei war, waren in der Schuldnervertretung jene von Kosmos, von der Alpine, von Fly Niki, als Insolvenzverwalter war er zuletzt bei Christof Industries und beim Garnhersteller Borckenstein mit dabei.
Eine seiner ersten großen Insolvenzen war jene von AST Bau mit 6,7 Millionen Euro Schulden. Damals war Weileder noch als Konzipient beschäftigt, aber bereits voll in die Masseverwaltung eingebunden. „Wir haben damals versucht, die Projekte geordnet abzuwickeln bzw. zu verwerten und nicht einfach den Schalter umzulegen. Diese unternehmerische Herangehensweise ist auch heute noch mein Anspruch an eine im Gläubigerinteresse liegende Verwaltung.“ Auch Kollegen attestieren dem Anwalt, der seit 2018 Partner ist, eine „sehr lösungsorientierte“ Arbeitsweise mit „sehr großer Fachkompetenz“ und „Handschlagqualität“. Weileder selbst glaubt, dass man vor allem als Insolvenzverwalter „eine gewisse Zahlenaffinität und die Bereitschaft zu unternehmerischem Denken“ mitbringen muss. Die Zahlenaffinität hat er nach dem Studium zusätzlich noch durch einen LL.M. in Bank- und Kapitalmarktrecht an der Donau-Uni in Krems gefördert.
Als Schuldnervertreter sollte man vor allem überzeugend wirken, meint er. „Man sollte vorausschauend beraten, um seinen Standpunkt später dann auch gegenüber Gläubigern, Gerichten, etc. verteidigen zu können. Eine gewisse Überzeugungskraft ist also sicher von Nutzen.“
Signa ist ein Ausreißer-Mandat
Diese soll Weileder auch bei seiner Causa prima gezeigt haben, berichten Experten. Dabei hat er es in der Signa mit schwierigen Mandanten zu tun und wurde zu spät beigezogen, wie Involvierte hinter vorgehaltener Hand erzählen.
„Signa ist jedenfalls ein Ausreißer-Mandat. Einerseits handelt es sich um ein Verfahren in Eigenverwaltung, andererseits um die Beratung von Konzernobergesellschaften mit einer durchaus nicht unkomplexen Gesellschafts- und Finanzierungsstruktur“, sagt Weileder. Mit diesem Instrument habe man in Österreich noch nicht allzu viel Erfahrung und erst recht nicht in dieser Dimension. Nahezu täglich findet ein Austausch zwischen der Schuldnervertretung, den beiden Verwaltern, den Managern oder einem der unzähligen Gläubigervertreter statt. Was hat den erfahrenen Insolvenzrechtsexperten Weileder in der Causa Signa überrascht? „Der kritische Zugang mancher Insolvenzorgane gegenüber dem Instrument des Sanierungsplans, ungewöhnlich aber auch die Intensität der Involvierung von Gläubigerausschuss und Aufsichtsrat.“ Diese kritische Einschätzung mancher Involvierter hat letztlich ja auch dazu geführt, dass die Sanierungspläne in beiden Signa-Gesellschaften vom OLG zurückgeschmettert wurden. Dies sei zwar nicht dem Schuldnervertreter, sondern den Sanierungsverwaltern anzulasten, tuschelt die Branche, aber ein wenig färbe auch auf Weileder ab.
Und es führt dazu, dass die Causa Signa alle Beteiligten wohl noch länger beschäftigen wird. Also ist kein Urlaub für Weileder in Sicht? „Jedenfalls keiner, in dem mein Handy ausgeschaltet werden kann.“
Foto: Raphael Arnold / JUVE Verlag