Arbeiten im Ausnahmezustand

„Wir müssen die Geschäftstüchtigkeit aufrecht erhalten “

Der Angriff der Hamas auf Israel hat Auswirkungen auf das Rechtssystem und auf Kanzleien. JUVE sprach darüber mit dem Berliner Anwalt Nathan Gelbart von Gelbart Legal, der auch in Israel als Anwalt zugelassen ist.

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Nathan Gelbart

JUVE: Ihre Kanzlei ist spezialisiert auf deutsch-israelischen Rechtsverkehr. Wie hat sich dieser seit den Angriffen verändert?
Nathan Gelbart: Israel ist im Ausnahmezustand, keine Frage. 360.000 Reservisten wurden mobilisiert, um das Land zu beschützen. Diese Männer und Frauen fehlen jetzt natürlich in den Kanzleien, in den Geschäften und Betrieben. Auch viele unserer Mandanten wurden eingezogen. Das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass diejenigen, die nicht an der Front sind, enorm viel leisten müssen – sowohl im Beruf als auch privat, um die Nation am Laufen zu halten.

Ihre Kanzlei hat ein Büro in Tel Aviv, wie ist dort die Lage?
Die Stadt ist das wirtschaftliche Zentrum des Landes mit vielen modernen Gebäuden mit Schutzräumen. Aber die Straßen sind deutlich leerer als sonst. Die Kolleginnen und Kollegen, die nicht in der Armee sind, arbeiten lieber vom Homeoffice aus, um näher bei der Familie sein zu können, wenn die Warnsirenen angehen. Das israelische Volk lebt schon seit Jahrzehnten mit Sirenenalarm, aber die aktuellen Angriffe haben eine ganz neue Dimension.

Was bedeutet die Lage für Ihre Arbeit, beispielsweise bei Transaktionen?
Viele Deals werden abgesagt oder aufgeschoben, denn die Prioritäten haben sich seit dem Angriff der Hamas verändert. Die Investitionslust ist aktuell erloschen. Der Fokus liegt nun darauf, die Geschäftstüchtigkeit der Unternehmen zu erhalten, hinsichtlich des Personals, des Materialbedarfs und der Gebäude.

Das sind oft weniger rechtliche als organisatorische Fragen.
Richtig, aber es geht dabei zum Beispiel auch um die höhere Gewalt in Lieferverpflichtungen und die schnelle Lösung von konfliktträchtigen Situationen.

Wie steht’s um die Kommunikation mit den Behörden und der Justiz?
Israel hat schon vor vielen Jahren den digitalen Schriftsatzaustausch mit den Gerichten eingeführt. Aber natürlich ist auch dort die Bearbeitung der Akten verlangsamt, da Mitarbeiter eingezogen wurden, gleiches erleben wir auch bei den Ämtern.

Sie haben Büros in Berlin und Tel Aviv, Ihr Beratungsschwerpunkt ist die Immobilienbranche. Man kann sich aktuell ein einfacheres Beratungsumfeld vorstellen.
Wir sind bis heute die einzige deutsch-israelische Kanzlei, die in beiden Ländern operativ tätige Einheiten hat, das heißt wir beraten in der Regel vor allem Immobilieninvestoren und Projektentwickler zu Vorhaben in Europa und umgekehrt in Israel. Wir werden von unseren Mandanten auch in Krisensituationen hinzugezogen. Und wir lösen täglich auch rechtliche Probleme jenseits des Immobilien- und Baurechts. Dennoch ist die Auftragslage signifikant durch die jüngsten Entwicklungen beeinflusst, das lässt sich nicht vermeiden.

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