Das Vorgehen der Trump-Regierung gegen Kanzleien werfe „gravierende berufsrechtliche Fragen auf“, die auch deutsche Zweigniederlassungen amerikanischer Kanzleien betreffen. So steht es in der vor Pfingsten veröffentlichten Pressemitteilung, die den Titel „Rechtsanwaltskammern verteidigen anwaltliche Unabhängigkeit gegen Druck aus dem Ausland“ trägt. Erstmals äußern sich darin die zwei deutschen Rechtsanwaltskammern, bei denen die deutschen Zweigniederlassungen der US-Kanzleien gemeldet sind, zu den Entwicklungen in den USA.
Die Kammern stehen nach eigener Aussage im Austausch mit den betroffenen deutschen Niederlassungen und bieten ihre Unterstützung an, um „deren berufsrechtliche Integrität zu sichern und anwaltliche Unabhängigkeit auch unter externer Einflussnahme aufrechtzuerhalten“. Auch mit der American Bar Association stehe man in Kontakt, um den „zunehmenden autoritären Tendenzen“ transatlantisch zu begegnen, heißt es. Betroffen von der Konstellation „Deal mit Trump-Regierung und auch Büros in Deutschland“ sind: Skadden Arps Slate Meagher & Flom, Milbank, Willkie Farr & Gallagher, Kirkland & Ellis, Latham & Watkins und A&O Shearman.
Keine berufsrechtlichen Verfahren geplant
Von berufsrechtlichen Verfahren sehen die Kammern allerdings ab. Bei den in Deutschland tätigen Kanzleien, die mit der Trump-Regierung sogenannte Deals eingegangen sind, setzten sie vielmehr auf „Aufklärung, Beratung und Unterstützung“. Ihre Zurückhaltung erklären sie in der Mitteilung mit dem Hinweis, dass die genauen Inhalte der Vereinbarungen zwischen der Trump-Regierung und den betroffenen Kanzleien noch nicht vollständig bekannt sind. Sie wollen zunächst abwarten, was die Untersuchungen in US-Kongressausschüssen ergeben. Erst dann sei zu entscheiden, ob sie zu „weiteren rechtlichen Schritten oder Empfehlungen“ führen werden.
In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Kritik am Schweigen der Kammern zu der Frage, wie sie mit den Deals umzugehen gedenkt, die die in Deutschland niedergelassenen Kanzleien mit der Trump-Regierung eingegangen waren. Zwar hatte die Bundesrechtsanwaltskammer eine internationale Solidaritätserklärung mitgezeichnet, doch blieb eine Anfrage von JUVE kurz vor Ostern bei den Kammern in Frankfurt und München bisher ebenso unbeantwortet wie das berufsrechtliche Positionspapier des Deutschen Anwaltvereins.
Nach JUVE-Informationen hatte das Thema die betroffenen Kammern intensiv beschäftigt, nachdem vor Ostern Forderungen aufkamen, die beiden Kammern müssten tätig werden und etwa die Vereinbarungen einsehen. Die jetzige Erklärung bleibt jedoch hinter den Erwartungen derjenigen zurück, die die Deals zwischen Kanzleien und der US-Regierung mit Blick auf die Unabhängigkeit deutlich heikler finden. Fakt ist aber auch, dass die rechtlichen Mittel der Kammern im Kampf um die Unabhängigkeit der Kanzleien vor staatlichen Weisungen, obwohl sie unbestritten zu den zentralen Werten der Anwaltschaft gehört, relativ begrenzt sind.
In einer Reihe: Ungarn, Türkei, Russland und die USA
Die Kammern lobten in der Pressemitteilung darüber hinaus den von Kanzleien ausgehenden Widerstand gegen die Trump-Regierung, sei es mittels Amicus-Briefen oder durch Klagen. Inzwischen wurden durch US-Gerichte drei von vier Executive Orders des US-Präsidenten gegen Kanzleien aufgehoben. Gleichzeitig erinnerten die Kammern daran, dass auch in anderen Staaten Druck auf die Anwaltschaft ausgeübt wird, etwa Ungarn, der Türkei und Russland. Sie riefen zur internationalen Solidarität auf und erklärten, auch weiterhin politischer Einflussnahme entgegentreten zu wollen.