Zur Geschichte: Dem Aufsichtsrat war eine vertrauliche Mail von Meckenstock zugespielt worden. „Die in Rede stehende Email war ein Stakeholder Mapping“, erläutert Meckenstock auf Anfrage in einem Statement gegenüber JUVE, dieses hatte „der mir vom Unternehmen zur Seite gestellte und mich im Onboarding begleitende persönliche Coach im Rahmen unseres Coach/Coachee-Verhältnisses erbeten“.
Die vertraulich zu behandelnde Mail, die nach Meckenstocks Ausscheiden auch an die Medien geleakt wurde, habe sie „ausschließlich an die private Email-Adresse des Coaches sowie an die private Email-Adresse der mir vom Unternehmen zur Seite gestellten unternehmensinternen Mentorin im Rahmen unseres Mentor/Mentee-Verhältnisses geschickt“, so Meckenstock. Beide Personen begleiteten sie im Onboarding-Prozess, für diese Korrespondenzen nutzte Meckenstock ihren privaten Mailaccount.
In der Mail hatte Meckenstock die Führungsriege des Konzerns auf Wunsch des Coaches kurz hinsichtlich ihrer aktuellen Arbeitsweise, Agilität und Veränderungsbereitschaft charakterisiert. Schließlich war sie angetreten, um mit dem CEO einen Transformationsprozess in der Aktiengesellschaft anzustoßen.
ESG-Expertin im Kreuzfeuer
Meckenstock, die ihre Laufbahn bei Gibson Dunn & Crutcher begonnen hatte, war zwischen 2020 und 2023 Chief Responsibility Officer bei Grünenthal und verantwortete die Teams für Compliance, Ethics, ESG, Corporate Responsibitly, Data Privacy und Internal Audit. Bei der BayWa stieg sie als ‚Chief People, Culture and ESG Officer‘ ein und war für den geplanten Change-Prozess direkt dem CEO unterstellt.
Auf einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung beriet das Kontrollgremium dann im Januar über den Vorwurf eines mutmaßlichen Compliance-Verstoßes von Vorstandschef Marcus Pöllinger, der im Kontext von Meckenstocks vertraulicher Email aufkam, sprach diesem dann aber das uneingeschränkte Vertrauen aus. Der damalige Chefaufseher Klaus Josef Lutz – der zuvor Skepsis gegen Pöllingers Verhalten geweckt hatte – legte daraufhin sein Amt mit sofortiger Wirkung nieder.
Dass der studierte Jurist Lutz die Führungskrise bei dem Agrarkonzern nicht überstehen würde, damit hatte kaum einer gerechnet. Er hatte den Aufsichtsratsposten direkt im Anschluss an seine langjährige Vorstandsarbeit bei der BayWa angetreten.
Kein Fehlverhalten festzustellen
Die BayWa ließ sich bei der Aufarbeitung des Vorfalls von einem Team von SZA Schilling Zutt & Anschütz beraten. Laut der nun abgeschlossenen internen Untersuchung „lag weder ein Gesetzesverstoß der Führungskraft noch ein Fehlverhalten des Vorstandsvorsitzenden oder anderer Mitglieder des Vorstands im Zusammenhang mit diesem Vorgang vor“, heißt es in der Aussendung von SZA. Mit der Ausscheidensvereinbarung habe man sich auf Loyalität verständigt, so Meckenstock.
Dass kein Compliance-Verstoß festgestellt wurde und es keinerlei Verstöße gegen die Prinzipien guter Unternehmensführung gab, betont auch das SDax-Unternehmen in einer Mitteilung. Für den Aufsichtsrat sei die Diskussion damit beendet.
Berater BayWa-Gremien
Inhouse Recht (München): David Merz (General Counsel und Chief Compliance Officer), Benedikt Link (Head of Legal & Compliance Operations)
SZA Schilling Zutt & Anschütz (München): Dr. Martin Gross-Langenhoff (Federführung; Corporate), Dr. Cäcilie Lüneborg (Compliance; Frankfurt), Dr. Peter Hemeling (Corporate/Compliance), Katharina Steinbrück (Arbeitsrecht; Frankfurt), Dr. Steffen Henn, Dr. Simon Apel (beide Datenschutz; beide Mannheim); Associates: Dr. Matthias Huhn, Dr. Marcus Becker (beide Corporate; beide Frankfurt), Dr. Till Kotterer-Rädecke, Dr. Marcel Vollmerhausen (beide Mannheim), Kathrin Sundermann, Dr. Florian Mader (alle Compliance)
KPMG (Wien): Susanne Flöckner (Compliance) – aus dem Markt bekannt
Hintergrund: Das externe Mandat zur internen Untersuchung ging mit SZA an eine Kanzlei, die bislang nicht größer für die BayWa tätig war – was unter dem Gesichtspunkt der Neutralität durchaus üblich ist.
SZA führte die Ermittlung im Auftrag von Vorstand und Aufsichtsrat durch. Gross-Langenhoff, der vor drei Jahren von Sullivan & Cromwell zu SZA gewechselt war, arbeitete hier gemeinsam mit der Compliance-Expertin Lüneborg sowie mit dem früheren Allianz-Chefsyndikus Hemeling, der die Inhouse-Perspektive ergänzen konnte. Hemeling unterstützt zudem den Ausbau des Münchner SZA-Büros, das beispielsweise auch bereits von ProSiebenSat.1 zu einer internen Untersuchung mandatiert wurde hinsichtlich der Beteiligung ‚Jochen Schweizer mydays‘.
General Counsel Merz steuerte nach JUVE-Informationen den Aufklärungsprozess intern zusammen mit Syndikus Link, der das operative Management der Legal- und Compliance-Teams verantwortet. Merz, schon seit 2012 Chief Compliance Officer des Unternehmens und seit drei Jahren verantwortlich für das rund 20-köpfige Legal-Team, führt inzwischen einen Bereich mit rund 90 Mitarbeitenden.
Für die forensische Aufarbeitung wurde dem Vernehmen nach ein Team von KPMG Österreich eingebunden.
Die arbeitsrechtliche Beratung zum Aufhebungsvertrag für Meckenstock war nicht im Rechtsbereich, sondern bei Human Ressources angesiedelt. Sie selbst ließ sich nach JUVE-Informationen von Berhard Lehner aus der Münchner Sozietät Lehner und Kollegen beraten. Das Unternehmen mandatierte dafür die junge Münchner Boutique Schmittlein Kloster, die 2023 von ehemaligen Kliemt-Anwälten gegründet wurde.