Um Sanktionen abzuwenden, haben sich neun US-Kanzleien in Vereinbarungen mit der Trump-Regierung verpflichtet, Rechtsdienstleistungen im Wert von 40 bis 125 Millionen US-Dollar für Interessen der Trump-Administration zu erbringen. Sechs der neun sind auch in Deutschland tätig: Skadden, Milbank, Willkie Farr & Gallagher, Latham & Watkins, Kirkland & Ellis und A&O Shearman.
Die Vereinbarungen sind eine Reaktion der Kanzleien auf den Entzug sogenannter Sicherheitsgarantien, eine Art Arbeitsgrundlage der Kanzleien im US-Markt. Bei einigen Kanzleien gab auch ein Auskunftsersuchen der US Equal Employment Opportunity Commission Anlass, Vereinbarungen einzugehen. Die Kanzleien waren aufgefordert worden, Diversity-Programme und Mandanteninformationen zum Thema offenzulegen, die Programme einzustellen und externe Anwälte zur Überwachung ihrer Compliance in diesem Punkt prüfen zu lassen.
Verstoß gegen Unabhängigkeitspflicht
Der DAV stellt nun fest, dass die Kanzleien mit den Vereinbarungen, egal aus welchem Grund sie getroffen wurden, gegen die Unabhängigkeitspflicht verstoßen könnten. Die Staatsfreiheit der Anwaltschaft sei essenziell für die Rechtsstaatlichkeit.
In dem zwölfseitigen Papier, das der DAV veröffentlicht hat und an dem auch die Mitglieder des Anfang 2023 gegründeten „Forum für Wirtschaftskanzleien“ beteiligt waren, heißt es: „Der Anwalt kann, wie der Rechtsstaat das von ihm verlangt, nicht zu einer sachgerechten Entscheidung beitragen, nicht vor Fehlentscheidungen bewahren, wenn er von seinem Widerpart und erst recht von Behörden und Gerichten nicht ernst genommen wird, weil diese in ihm nur ein ‘Mietmaul’ sehen.“
Die Loyalität gegenüber dem Mandanten sei jedenfalls für denjenigen kaum möglich, der sich der Exekutive durch eine (zumal bislang nicht öffentliche und damit auch dem Mandanten nicht bekannte) Vereinbarung in weitem Umfang unterwirft. Mit Blick auf das offenbar vereinbarte Monitoring und die Berichtspflichten gegenüber dem Weißen Haus wären zudem die Erwartungen an die Vertraulichkeit jeglicher Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant nicht mehr erfüllbar.
In dem Papier wird zwischen US-Kanzleien unterschieden, die auf der Basis einer deutschen Gesellschaftsform und solchen, die als ausländische Berufsausübungsgesellschaften per Niederlassung hierzulande tätig sind. Letztlich gelte aber für alle in Deutschland tätigen US-Kanzleien das deutsche Berufsrecht, allerdings stelle sich bei denen, die auf der Basis einer Niederlassung hierzulande tätig sind, weniger das Problem, einen Verstoß gegen das deutsche Berufsrecht zu erkennen.
DAV ist vorsichtig
Die Kammern können, so stellt der DAV fest, nach geltendem Recht ein Aufsichtsverfahren und ein anwaltsgerichtliches Verfahren einleiten. Die Kammern dürften die Kanzleien zudem zur Vorlage von sogenannten Handakten verpflichten. Der DAV zweifelt allerdings daran, dass der Kammervorstand eine Herausgabe der Trump-Vereinbarungen verlangen dürfe, weil mit „Handakten“ Dokumente der anwaltlichen Arbeit im Mandat gemeint sind.
Den Widerruf der Zulassung der Kanzleien in Deutschland hält der DAV für unverhältnismäßig – und sieht rechtlich auch keine Grundlage dafür. Teilweise formuliert der DAV in seinem Papier sehr vorsichtig, was wohl auch der diversen Zusammensetzung der Ausschüsse geschuldet ist. Er verbindet das Schreiben auch nicht ausdrücklich mit der Aufforderung an die Kammern, in eine Prüfung einzusteigen. Dennoch erhöht er auch damit den Druck auf die Selbstverwaltungsorgane, die sich bislang noch nicht geäußert haben.