Eine Doppelspitze war bei Gleiss bislang nicht vorgesehen. Auf der Partnerversammlung am vergangenen Samstag änderten die Gleiss-Partner per Mehrheitsbeschluss den entsprechenden Passus in ihren Statuten. Der genaue Zuschnitt der Aufgaben, die Arnold und Schwarz jeweils übernehmen werden, steht noch nicht fest. Denkbar wäre laut Partnern der Kanzlei aber etwa eine Trennung des operativen und des strategischen Teils der Kanzleiführung. Beide Managing-Partner sollen zudem stärker in die Mandatsarbeit eingebunden bleiben als ihr Vorgänger Loges, der zuletzt den größten Teil seiner Zeit mit Managementaufgaben verbrachte.
Sowohl Arnold als auch Schwarz waren bei Gleiss schon bisher in Leitungsfunktionen aktiv. Der Stuttgarter Gesellschaftsrechtler Arnold ist seit 2004 Gleiss-Partner und seit 2012 Mitglied des achtköpfigen Sozietätsrats, der die Kanzlei gemeinsam mit den Managing-Partnern führt. Der Düsseldorfer Corporate-Anwalt Schwarz, Partner seit 2003, ist seit 2011 für Personal und Nachwuchsförderung zuständig, ein Bereich, den er auch als Managing-Partner weiter betreuen wird. Gleichzeitig mit der neuen Doppelspitze wählte die Gleiss-Partnerversammlung den Frankfurter Kartellrechtler Dr. Wolfgang Bosch zum neuen Sozietätsratsvorsitzenden.
Schwarz war bereits vor acht Jahren zur Wahl angetreten, hatte aber deutlich weniger Stimmen erhalten als Loges. Dass die Partnerversammlung damals mit deutlicher Mehrheit für den Münchner Corporate-Partner stimmte, galt als Richtungsentscheidung. Zwar standen beide Kandidaten für einen Modernisierungskurs, der die individualistische Kanzleikultur und den weit gefächerten Full-Service-Ansatz ein Stück weit beschneiden sollte. Loges allerdings war im Vorfeld als härter und durchsetzungsstärker gehandelt worden.
Reformer Loges tritt ab
Tatsächlich setzte der 2012 wiedergewählte Managing-Partner gemeinsam mit dem Sozietätsrat keine revolutionären Veränderungen durch, sondern gestaltete einen langsamen, aber tiefgreifenden Kulturwandel, der unter anderem eine Stärkung der Corporate-Praxis und eine straffere Organisation der einzelnen Praxisgruppen zur Folge hatte. In manchen Praxen kam es zu einzelnen Partnerabgängen, etwa im Bereich IP. Wechsel prominenter Partner blieben aber die Ausnahme. Stetig aufwärts ging es unterdessen mit Umsatz und Produktivität, die im Geschäftsjahr 2014 auf ein Allzeithoch kletterten.
Ihre Ausrichtung als eigenständige deutsche Kanzlei unterstrich Gleiss Lutz unter Loges deutlich, als sie Ende 2011 den Fusionsantrag ihrer Allianzpartnerin Herbert Smith Freehills ablehnte. Stattdessen setzte Gleiss mit Erfolg auf ein eigenes Netzwerk befreundeter Kanzleien wie Gide Loyrette Nouel, Chiomenti, Stibbe und Cuatrecasas Gonçalves Pereira in Kontinentaleuropa, Slaughter and May in Großbritannien und Cravath Swaine & Moore in den USA. In Deutschland etablierte Gleiss ab 2009 erfolgreich eine Präsenz in Düsseldorf, 2010 folgte in Hamburg die Fusion mit der Corporate-Boutique Rittstieg.
Krisen erfolgreich entschärft
Daneben war Loges als Krisenmanager gefragt, als Gleiss Lutz im Zusammenhang mit mehreren Großmandaten unter massiven Beschuss geriet. Nach dem verunglückten Rückkauf des Energieversorgers EnBW durch das von Gleiss beratene Land Baden-Württemberg im Jahr 2010 sah sich die Kanzlei vorübergehend mit möglichen Schadensersatzforderungen des Landes konfrontiert. Zudem verklagte Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus die Sozietät wegen angeblicher Beratungsfehler, scheiterte aber bislang in beiden Instanzen. Die interne Aufarbeitung des Themas leitete Loges gemeinsam mit dem Arbeitsrechtler Dr. Martin Diller und dem Energierechtler Dr. Marcus Dannecker.
Auch der Streit zwischen der Deutschen Bank und den Erben des Medienzaren Leo Kirch hatte unerquickliche Spätfolgen für Gleiss: Im Zuge der Ermittlungen gegen den Münchner Counsel Dr. Luidger Röckrath wegen möglicher Beihilfe zum Prozessbetrug durchsuchte die Staatsanwaltschaft sogar die Kanzleiräume. Die Sozietät überstand auch diese Krise weitestgehend unbeschadet.