Die Ergebnisse, die auf den Angaben von 669 Chefjuristen (CLOs) aus mehr als 30 Staaten – typischerweise mit starkem US-Anteil – basieren, spiegeln in zentralen Teilen die Ergebnisse der JUVE-Inhouse-Umfrage für Deutschland (Rechtsmarkt-Ausgabe 02/24).
So gilt die Hauptsorge mehr als der Hälfte der CLOs weltweit der Regulierung und den aus ihr folgenden Verfahren. In Deutschland treibt dieses Thema fast 70 Prozent der Befragten um. In beiden Umfragen stehen staatliche Eingriffe in die Wirtschaft damit ganz oben auf der Liste der Themen, die zu wachsender Aufgabenfülle führen.
Cyberrisiken und ESG machen Arbeit
Ebenfalls weit oben steht Datensicherheit und Datenschutz. Hier zeigen sich jedoch Unterschiede, die auf die DSGVO zurückzuführen sein dürften: Während Cyberattacken generell als wachsendes (Rechts-)Risiko betrachtet werden, sehen deutsche Chefjuristen den klassischen Datenschutz deutlich seltener als Herausforderung als ihre internationalen Kolleginnen und Kollegen. In der EU haben sie sich auf die Regulierung eingestellt.
Und noch ein anderer Unterschied ist signifikant: Während in Deutschland das Thema ESG bereits als wichtiger Arbeitsbeschaffer für Rechtsabteilungen gilt, spielt die Berücksichtigung von Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Sozialfragen in der globalen Inhouse-Community nur eine untergeordnete Rolle. Hier spiegeln sich die unterschiedlichen politischen Prioritäten der Weltgegenden klar im Arbeitsalltag der Unternehmensanwälte.
Knappe Kassen
Global gaben 42 Prozent der CLOs an, einem intensiven Haushaltsdruck ausgesetzt zu sein. Gut die Hälfte wurde im vergangenen Jahr aufgefordert, Kosten zu senken. In Deutschland deutet sich eine ähnliche Lage an, auch wenn die meisten Befragten mit ihrem Budget zurechtkommen. Nur eine Minderheit erhält jedoch mehr Geld oder mehr Personal für wachsende Aufgaben. Sowohl in Deutschland als auch weltweit ergaben die Umfragen, dass insgesamt weniger Rechtsabteilungsleitende Berufsträger einstellen wollen.
Das Ziel ist daher überall dasselbe: Mehr Effizienz, um die Aufgaben zu bewältigen. Ein Faktor dabei ist Legal Tech. Global wollen laut ACC im laufenden Jahr 45 Prozent der Chefjuristen in Technologie investieren, in Deutschland sind es nach JUVE-Recherchen mit 43 Prozent fast genauso viele.
Budget und Erwartungen
Während also aufseiten der Mandanten an der Kostenschraube gedreht wird, drehten Anwaltskanzleien weltweit an der Honorarschraube – allerdings nach oben. In Deutschland zeigte sich das an ungewöhnlich deutlich gestiegenen Durchschnittsstundensätzen. In der Umfrage des Berufsverbandes ACC – der vom IT-Anbieter Exterro unterstützt wurde –, gaben 58 Prozent der Befragten an, mit gestiegenen Honorarforderungen konfrontiert gewesen zu sein. Ein Viertel erklärte, damit kaum umgehen zu können.
In Anbetracht nicht nachlassender Regulierungsbestrebungen und einer sich rasant verändernden technischen, politischen und ökonomischen Weltlage gehen Unternehmen mit dieser Entwicklung hohe Risiken ein. Veta Richardson, seit 2021 Präsidentin und CEO der ACC, betrachtet die Spannung zwischen wachsender Verantwortung, steigenden externen Kosten und dem Sparzwang nach innen entsprechend als „langfristig kaum tragbar“.