Interview mit dem Chefjuristen der Deutschen Bank

„Wir möchten über alternative Preismodelle sprechen“

Seit vergangenem Jahr ist Florian Drinhausen weltweiter General Counsel der Deutschen Bank. Im JUVE-Interview spricht er über die Zukunft der Rechtsabteilung: Was erwarten seine Mitarbeiter von ihm und der Bank? Welche Rolle spielen Legal Operations für Deutschlands größtes Kreditinstitut? Und was erwartet er von den Kanzleien, die für die Deutsche Bank arbeiten?

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Florian Drinhausen
Florian Drinhausen

JUVE: Wie wichtig ist es, dass nach vielen Jahren der weltweite General Counsel der Deutschen Bank wieder ein Deutscher ist?
Florian Drinhausen: Wir waren alle etwas überrascht, dass das tatsächlich eine Bedeutung haben soll. Aber es wird wahrgenommen, in Deutschland wie auch im Ausland – und da vielleicht noch mehr als im Inland. Ich persönlich finde, dass das der Komplexität nicht gerecht wird. Wenn man sich meinen Lebenslauf oder den meines deutschen Vorgängers Christof von Dryander anschaut: Das sind internationale Lebensläufe. Eine wesentliche Veränderung, die wir jetzt noch einmal stärker vorangetrieben haben, ist das gemeinsame Verständnis, die Rechtsabteilung als eine globale Abteilung aufzustellen. Daher ermöglichen wir es gerade den jüngeren Kollegen verstärkt, mehr Zeit im Ausland zu verbringen. Denn nichts baut Vorurteile besser und schneller ab, als wenn man die Kollegen persönlich kennt. Und es ist sehr wichtig, eine gemeinsame Kultur zu haben.

Wie bekommt man die hin bei insgesamt mehr als 850 Mitarbeitern in 27 Ländern?
Wir schreiben gerade auf, wie und wer wir sein wollen, und was der Kern unserer gemeinsamen Kultur ist. Man muss außerdem Kollegen ermutigen, Entscheidungen zu treffen. Deswegen versuche ich, bei den relevanten Informationen und meinen Entscheidungen auf deren Basis möglichst transparent zu sein. Das globale Führungsgremium unserer Abteilung kennt beispielsweise das Budget der Rechtsabteilung und unsere externen Rechtsanwaltskosten. Das fördert die Sachlichkeit der Debatte enorm und bringt auch das Team nochmal stärker zusammen. Denn wenn jeder vor Augen hat, dass man einen Euro nur einmal ausgeben kann, wird das Verständnis dafür gestärkt, wo und warum ich ihn ausgebe – ob in den USA, in London, Frankfurt, Bonn oder Hameln.

Aufschreiben, wer und wie wir sind – das klingt aufwendig
Ich habe eine Kollegin gebeten, zusammen mit einer Gruppe vorwiegend junger Kollegen festzuhalten, wie sie sich etwa Zusammenarbeit wünschen und auch Beispiele für gutes und weniger gutes Verhalten zu finden. Das Ergebnis liegt mir inzwischen vor, und jetzt ist es meine Aufgabe, damit zu arbeiten. Als nächstes werden wir dann in der gesamten Rechtsabteilung die Inhalte besprechen.

Und was wünschen sich die jungen Kollegen? Mehr Digitalisierung?
Interessanterweise spielt die Digitalisierung kaum eine Rolle. Das hat auch damit zu tun, dass wir uns bereits seit Längerem mit diesem Thema beschäftigen und gerade dabei sind, ein brandneues digitales Dokumentenmanagementsystem einzukaufen. Dieses werden wir noch im Laufe des Jahres einführen.

Welches System führen Sie denn ein?
Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich dazu noch nicht ins Detail gehen. Nur so viel: Wir haben uns nach einer gründlichen Analyse bei Kanzleien und anderen Unternehmen für ein System entschieden, das für die Nutzung in einer Cloud entwickelt wurde –also alle Daten liegen zentral auf einem Server und wir brauchen nicht mehr für jeden Nutzer lokal teuren Speicherplatz. Zum ersten Mal werden wir ein System global für die gesamte Rechtsabteilung haben. Damit gehen wir auf den Standard, den internationale Anwaltskanzleien heutzutage haben.

Wenn es nicht Digitalisierung ist: Welche Themen beschäftigen Ihre Mitarbeiter dann?
Da geht es um Respekt, Vertrauen, Teamwork, einander helfen und agiler arbeiten. Und natürlich um Themen wie Karriereplanung und Entwicklungsmöglichkeiten, denn sie sind Teil des ungeschriebenen Arbeitsvertrags, den wir mit unseren Kollegen haben.

Welche Rolle spielen Legal Operations bei Ihnen, wo es unter anderem darum geht, wie man Arbeitsprozesse zerlegt und welchen digitalen Rahmen das Ganze hat?
Eine große Rolle. Denn für uns stellt sich immer die Frage: Was machen wir selbst? Und was kaufen wir ein? Dahinter stehen betriebswirtschaftliche Überlegungen. Wenn man aber sagt: „Produziere ein Stück Rechtsrat“ – da stellen sich jedem Juristen die Haare auf. Intern müssen wir entscheiden: Wo sitzt der- oder diejenige, die einen rechtlichen Komplex bearbeitet? In den Hauptstandorten Hongkong, Singapur, New York, London oder Frankfurt oder in sogenannten Near-Shore-Locations mit niedrigeren Kosten, also bei uns zum Beispiel Jacksonville in den USA, Mumbai, Birmingham, aber auch in Deutschland, etwa in Berlin. Hier müssen wir immer auf Effizienz achten: Gibt es Verluste an Übergabepunkten? Herrscht in einem Near-Shoring-Ort eine hohe Fluktuation? Effizient zu arbeiten ist aber auch noch aus einem anderen Grund wichtig: Als ich antrat, wurde intensiv über die Höhe der externen Beraterkosten diskutiert. Wir konnten den Vorstand davon überzeugen, dass die Rechtsabteilung der richtige Ort ist, die externen Beraterkosten zentral und effizient zu managen. Deshalb verantworte ich als erster Chefjustiziar jetzt auch als so genannter „Expense Line Owner“ die gesamten Rechtsberatungskosten der Deutschen Bank. Heute managen wir in der Rechtsabteilung interne und externe Beratungskosten holistisch und können so bewusst entscheiden, wo wir intern Kompetenz aufbauen, und wo wir uns von außen Rechtsrat holen.

Was Anwälte immer schmerzt, ist, wenn neben der Rechtsabteilung auch die Einkaufsabteilung bei der Mandatierung mit am Tisch sitzt. Geht es bei Ihnen ganz ohne Einkauf?
Nein. Wir beziehen gerne die Kollegen von der Einkaufsabteilung mit ein. Denn Juristen sind nicht immer die härtesten Verhandler, wenn es um eine Kanzlei geht. Da bin ich sehr dankbar, dass uns die Kollegen vom Einkauf unterstützen und beraten. Aber wir wissen schon sehr genau, dass wir ein Gut einkaufen, das stark personalisiert und von einer individuellen Qualitätskomponente geprägt ist.

Haben Sie auch einen Legal Spend Manager, der – oberflächlich gesagt – nichts anderes macht, als Anwaltsrechnungen zu kontrollieren und die Zusammenarbeit zu koordinieren?
Ja. Und wir haben uns auch die standardisierten Programme angesehen, die Rechnungen auswerten. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Kosten der Rechtsberatung am besten zu managen sind, wenn man vernünftige Stundensätze vereinbart und sich bewusst macht, wann man externen Rechtsrat einkauft. Wir haben dazu übrigens einen Dialog mit ausgewählten Kanzleien angefangen …

… die da wären?
Haben Sie bitte Verständnis, dass ich die vier Kanzleien, für die wir uns entschieden haben, nicht nennen möchte. Wichtig ist: Wir haben in den früheren Jahren sehr viel Arbeit an Kanzleien gegeben und entsprechend budgetiert. Das wird sich wieder normalisieren. Wir möchten daher mit den Kanzleien in einen Dialog über alternative Preismodelle kommen.

Welche alternativen Preismodelle sich Florian Drinhausen vorstellt, können Sie im aktuellen JUVE Rechtsmarkt lesen. Dort finden Sie das komplette Interview, das Jörn Poppelbaum geführt hat.

 

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