JUVE: Sie haben bereits vor knapp eineinhalb Jahren die AI-Software Kira angeschafft, andere Kanzleien taten das erst kürzlich. Ist DLA risikoaffiner?
Nils Krause: Risikoaffin ist vielleicht das falsche Wort. Für uns war das ein logischer Schritt. Seit mehreren Jahren setzt sich die Sozietät mit Legal Tech und den Auswirkungen auf unsere Beratungsangebote auseinander. In der Anwendung von AI-Software haben wir einen deutlichen Mehrwert für unsere Mandanten gesehen. Und DLA hat den Anspruch, bestehende Strukturen sowie Prozesse zum Vorteil des Mandanten kritisch zu hinterfragen und dynamisch anzupassen.
In welchen Bereichen nutzen Sie Kira?
Kira wird von uns primär in zwei Zusammenhängen genutzt: Zum einen in der klassischen Due-Diligence-Arbeit, sprich der Sichtung von Unterlagen, E-Mails, Präsentationen etc. im Rahmen von M&A-Prozessen und Real-Estate-Transaktionen. Zum anderen aber auch, um das Vertragsmanagement zu erleichtern. Kira kann sämtliche Dateiformate einschließlich Scans und JPEGs gegeneinander laufen lassen und so effizient dem Mandanten aufzeigen, welche Klauseln in Masseverträgen regelmäßig geändert wurden.
Wie viele Mitarbeiter arbeiten daran, den Input in die Software zu gewährleisten und welche Qualifikationen müssen die haben?
Jede Sozietät kann grundsätzlich Legal Technologie erwerben. Die Software alleine ist nicht der Wettbewerbsvorteil. Entscheidend ist vielmehr in welcher Qualität und Geschwindigkeit eine Kanzlei in der Lage ist, die Software zu trainieren, um so das Anwendungsfeld zugunsten des Mandanten stetig weiterzuentwickeln. Dies setzt natürlich auch voraus, dass die Lehrenden für die Software bestmöglich qualifiziert sind. Der enge Kreis der Kira-Ausbilder zählt derzeit weltweit bei uns circa 300 Partner, Counsel, Lead Lawyer. Darüber hinaus trainieren weitere 300 Fee-Earner die Software punktuell entsprechend ihrer speziellen Expertise.
Welche Auswirkungen hat der Einsatz der Software auf die Ausbildung junger Associates? Für sie fehlt doch durch Kira ein Lernfaktor.
Es ist sicher richtig, dass der Einsatz der Software die Ausbildung, aber auch das Anforderungsprofil junger Associates verändert. Bei uns haben wir die Erfahrung gemacht, dass Associates viel gezielter ausgebildet werden können, weil Dokumentenmassen nun maschinell aufbereitet werden. Dies ermöglicht dem Anwalt, sich im Rahmen des vorgegebenen Mandanten-Budgets tiefer und damit qualitativ hochwertiger mit Rechtsproblemen auseinanderzusetzen.
Was halten die Mandanten von Kira?
98 Prozent der Mandanten, für die wir Kira im Rahmen von Transaktionen eingesetzt haben, schätzen das Produkt und sehen die deutlich höhere Qualität in der Arbeit. Wir haben uns auch kritisch mit den zwei Prozent auseinandergesetzt, wobei sich hier in den Gesprächen gezeigt hat, dass diese Mandanten eine andere Erwartungshaltung an Kira hatten. Wir achten daher sehr stark darauf, dass Mandanten verstehen, was die Software leisten kann und welche Grenzen bestehen. Regelmäßig bieten wir für unsere Mandanten und potenziellen Mandanten Inhouseschulungen mit Live-Demos an, damit der Mehrwert der Software richtig verstanden wird.
Kira verursacht zunächst enorme Kosten für die Lizenz und für die Manpower, die zum Training notwendig ist. Ab welchem Punkt rechnet sich die Software?
Ehrlich gesagt rechnet sich die Software von Anfang an, wenn man die strategische Bedeutung zur Mandantenpflege und -gewinnung berücksichtigt. Der Anspruch unserer Sozietät ist es, unseren Mandanten die bestmögliche Beratung in Verbindung mit dem effizientesten Vorgehen zu ermöglichen. Insofern ist die Nutzung von neuen Technologien für uns eine Selbstverständlichkeit.
Das Gespräch führte Ulrike Barth.
Mehr zum Thema Legal Tech in Kanzleien und auch in Rechtsabteilungen lesen sie in der aktuellen JUVE Rechtsmarkt-Ausgabe, die am 21. Februar erschienen ist.