Kostenexplosion bei S21

Aufsichtsrat der Deutschen Bahn setzt auf SZA

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  • JUVE

Vor der nächsten Sitzung des Deutsche Bahn-Aufsichtsrats kommen weitere brisante Kostendetails des Großprojekts Stuttgart 21 an die Öffentlichkeit. Das Gremium vertraut bei der unternehmerischen Einschätzung sowie möglichen Haftungsszenarien auf ein Gutachten von SZA Schilling Zutt & Anschütz. Der Bahn-Vorstand hat Hengeler Mueller eingeschaltet. Freshfields Bruckhaus Deringer versucht indessen die Projektkosten in den Griff zu bekommen.

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Laut verschiedenen Medienberichten wird in dem Papier, das der Vorbereitung der Aufsichtsratssitzung am 5. März dient, die Wirtschaftlichkeit des Projekt S21 in Frage gestellt. Obwohl der Bahn-Vorstand die Kosten jahrelang falsch eingeschätzt hat, soll der Aufsichtsrat laut einem internen Dossier Mehrkosten von bis zu zwei Milliarden Euro absegnen, weil ein Ausstieg zu teuer wäre.

Der Neubau des unterirdischen Bahnhofs in Stuttgart sei für die Deutsche Bahn bereits selbst dann nicht mehr wirtschaftlich, wenn sie die zu erwartenden Mehrkosten von 1,1 Milliarden Euro übernehmen würde. Bei Haftung für zusätzliche Risiken stehen Kosten bis zu zwei Milliarden Euro im Raum. Auch das käme laut dem Geheimdossier die Bahn günstiger als ein Ausstieg aus dem Prestigeprojekt. Der Bund und die Deutsche Bahn hatten sich in den vergangenen Wochen darauf verständigt, am Fortgang des Baus festzuhalten.

Gemeinhin wird für Anfang März mit einer Zustimmung des Aufsichtsrats gerechnet. Das vorwiegend mit Vertretern des Bundes besetzte Gremium setzt dabei auf ein Gutachten von SZA Schilling Zutt & Anschütz, in dem die Fortführung von S21 als eine vertretbare unternehmerische Entscheidung bezeichnet wird. Das Gutachten hat der Aufsichtsrat bereits im November 2012 in Auftrag gegeben.

Ingo Klöcker
Ingo Klöcker

Die Mannheimer Sozietät ist hervorragend mit diversen Aufsichtsratsgremien in Deutschland vernetzt. Dem Vernehmen leiten der Senior-Partner der Kanzlei, Prof. Dr. Jochem Reichert, sowie der jungen Corporate-Partner Dr. Marc Löbbe das mit dem Auftrag befasste Team. Reichert ist als langjähriger Daimler-Berater bekannt und betreute den Automobilkonzern unlängst bei der Neuordnung der Aktionärsstruktur beim Luft- und Raumfahrtkonzern EADS (mehr…). Der Schwerpunkt von Löbbe liegt dagegen vor allem auf der Bankenbranche, wo er unter anderem den Aufsichtsrat der Deutschen Bank im Zusammenhang mit den Kirch-Prozessen begleitet (mehr…) sowie den Verwaltungsrat der BayernLB zu etwaigen Ansprüchen gegen frühere Mitglieder des Gremiums im Zusammenhang mit dem HGAA-Kauf.

Die Einschätzung von SZA ist für auch eine etwaige eigene Haftung des Aufsichtsrat wichtig, weil das Gremium dem Wohl des Konzerns verpflichtet ist und nicht ausschließlich aufgrund politischer Erwägungen handeln kann. Daher sind nach Presseberichten in dem Gutachten vor allem Kriterien wie eben eine aktualisierte Wirtschaftlichkeitsrechnung hervorgehoben. Angesichts der Kostensteigerung bei S21 ist dies für die möglichen Verantwortung der Vorstands um Bahn-Chef Rüdiger Grube entscheidend.

Wolf Spieth
Wolf Spieth

Bereits Anfang Februar hatte es ein Krisentreffen zwischen dem Aufsichtsrat der Bahn sowie dem Bundesverkehrsministerium gegeben. Während der Bund heftige Kritik am Management äußert, verneint das SZA-Gutachten mögliche Haftungs- und Regressansprüche gegen den Bahn-Vorstand. In den Medien musste sich SZA dafür Kritik an einem möglichen Gefälligkeitsgutachten zur Entlastung der Bahn-Manager gefallen lassen. Zudem wird nun die Vergabe des Gutachtensauftrags an die Kanzlei in Frage gestellt, da ihr Mannheimer Partner Dr. Stephan Harbarth für die CDU als Mitglied im Deutschen Bundestag sitzt.

Der Vorstand der Deutschen Bahn hat sich mit Hengeler Mueller gewappnet. Laut Marktinformationen prüfen der Frankfurter Partner Dr. Ingo Klöcker und sein Associate Dr. Maximilian Clostermeyer, ob die bisherigen Entscheidungen im Einklang mit der sogenannten Business Judgement Rule waren. Neben dieser organhaftungsrechtlichen Frage beschäftigen sie sich mit den Berichtspflichten des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat.

Indessen suchen die Unternehmensberatung McKinsey und Freshfields Bruckhaus Deringer nach Möglichkeiten, die Kosten in den Griff zu bekommen. Laut Marktinformationen ist ein Team um den Berliner Freshfields-Partner Dr. Wolf Spieth damit beschäftigt. Demnach erhält er Unterstützung von den Partnern Prof. Dr. Marcel Kaufmann und Dr. Hans-Joachim Prieß. Die Mandatierung der fachlich hochanerkannten Öffentlich-Rechtler spricht dafür, dass die Deutsche Bahn das Projekt umfassend strukturell prüft.

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