Krisen in Krefeld

Großverfahren für Nerlich und Depping

Ein vorläufiger Gläubigerausschuss nach den Maßgaben der reformierten Insolvenzordnung bestimmte beim Insolvenzantrag des ADA Systemhauses den Verwalter: Dr. Jörg Nerlich von Görg wurde folgerichtig vom Amtsgericht Krefeld bestellt, pünktlich am 1. März, und somit kann ADA als eines der ersten bedeutenden Verfahren nach der ESUG-Reform gelten.

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+++ Ein vorläufiger Gläubigerausschuss nach den Maßgaben der reformierten Insolvenzordnung bestimmte beim Insolvenzantrag des ADA Systemhauses den Verwalter: Dr. Jörg Nerlich von Görg wurde folgerichtig vom Amtsgericht Krefeld bestellt, pünktlich am 1. März, und somit kann ADA als eines der ersten bedeutenden Verfahren nach der ESUG-Reform gelten. Der IT-Dienstleister ADA beschäftigt über 1.000 Mitarbeiter an zwölf Standorten und erwirtschaftete 2011 rund 122 Millionen Euro Umsatz. Der Antrag wurde wegen drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt – früh genug, so Nerlich, um gute Sanierungschancen zu gewährleisten. +++

+++ Wenig Fortune scheint der indische Investor Ruia mit seinen deutschen Beteiligungen zu haben. Nachdem Mitte Januar die Meteor Gummiwerke Insolvenz anmeldeten und seitdem von Christopher Seagon aus der Kanzlei Wellensiek verwaltet werden, folgte Anfang März der Automobilzulieferer Draftex. Ruia hatte Meteor im Jahr 2011 übernommen, Draftex Ende 2009. Mit dem Ruia-Kauf hatte sich Draftex, die zwischenzeitlich unter dem Namen Henniges Automotive firmierte, damals schon aus einer Insolvenz verabschieden können – nach einem Jahr unter der Verwaltung von Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht aus der Düsseldorfer Sozietät Metzeler von der Fecht. Jetzt setzte das Amtsgericht Krefeld auf einen ortsfremden Insolvenzverwalter und bestellte den Essener Bernd Depping von dnp Depping. Noch kurz zuvor hatte Ruia den Geschäftsführer abgesetzt und versprochen, die Liquidität des Unternehmens sicherzustellen. Rund 540 Arbeitsplätze sind betroffen. +++

+++ Für dnp Depping war die Bestellung bei Draftex das zweite größere Verfahren innerhalb einer Woche. Scheuten Solar, in Deutschland über eine Holding und mehrere Töchter im Photovoltaikgeschäft aktiv, meldete beim Amtsgericht Essen Insolvenz an und wird seitdem von Depping und seinem Kollegen Steffen Reusch betreut. Mit über 230 Mitarbeitern ist Scheuten ein bedeutender Teil der niederländischen Scheuten-Gruppe, die ihrerseits nicht insolvent ist. Scheuten setzt die Reihe der Insolvenzen aus der Solarbranche fort, die mit Solon und Solar Millenium ihre ersten Höhepunkte erlebte. Auch kleinere Firmen wie die 100 Mitarbeiter starke SunConcept-Gruppe in Limburg strandeten zuletzt. Verwalter ist dort Jens Lieser von der Kanzlei Lieser aus Koblenz. +++

+++ Dass man auch mit konventioneller Energie Schiffbruch erleiden kann, beweist die Ulmer Genossenschaft Energen Süd. 2007 gegründet, um ihren Mitgliedern bessere Konditionen bei der Versorgung mit Strom und Gas zu verschaffen, scheiterte Energen Süd im Februar an einer beträchtlichen Finanzierungslücke. Die Genossenschaft hatte ihren Mitglieder nicht die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz fälligen Steuern und Abgaben abverlangt. Noch im vorläufigen Verfahren stellte Insolvenzverwalter Michael Pluta die Lieferungen und den Forderungseinzug bei den knapp 28.000 Mitgliedern ein. Diese sind jetzt auf die gesetzlich verankerte Grundversorgung angewiesen. +++

+++ Nicht wirklich zur Grundversorgung gehört das Grand Hotel Heiligendamm. Das zur Fundus-Gruppe gehörende Nobelhotel in Bad Doberan hat beim Amtsgericht Aachen Insolvenz angemeldet. Als Verwalter wurde Jörg Zumbaum von der Kanzlei Zumbaum bestellt. Zwar hatte die Luxusimmobilie an der Ostsee mit rund 300 Mitarbeitern zuletzt operativ einen Gewinn erwirtschaftet. Aber der hinter dem Grand Hotel stehende Fundus Fonds Nr. 34, an dem rund 1.900 Anleger beteiligt sind, ist hoch verschuldet. 2011 hatten die Altanleger im Rahmen eines Sanierungskonzepts, das der Fonds mit PricewaterhouseCoopers erarbeitet hatte, bereits einen Kapitalschnitt um 90 Prozent hinnehmen müssen. Dass die Wahl des Gerichts auf Zumbaum fiel, kann als Überraschung gewertet werden. Der Dürener Insolvenzverwalter und Sanierungsberater, der eigentlich am Potsdamer Standort der Kanzlei gemeldet ist und dort seinerseits als Immobilieninvestor von sich reden machte, wurde in den vergangenen Jahren nur sporadisch bestellt. +++

+++ Aus keinem größeren Autobahnstau wegzudenken sind die LKWs der Spedition Schüchen. Im Februar bestellte das Darmstädter Insolvenzgericht Markus Ernestus von der Mannheimer Kanzlei Ernestus zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Als Logistikdienstleister mit 740 Mitarbeitern bringt Schüchen es auf einen Jahresumsatz von über 123 Millionen Euro. Der Spediteur fährt vor allem für die Automobilbranche. +++

+++ Während bei der Ursachensuche der Schlecker-Pleite viel von Beratungsresistenz die Rede ist, kommen in Presseberichten doch noch Beraternamen ins Spiel. Namen aus Stuttgart: Dr. Frank Schäffler von Menold Bezler sei kurz vor dem Antrag eingeschaltet worden, und Grub Brugger in Person von Dr. Volker Muschalle sowie Dr. Thilo Schultze soll die Schlecker-Familie insolvenzrechtlich beraten.

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