Serie: London unter Druck

Magic Circle und die US-Konkurrenz: Wem gehört die Welt?

Mit gut gefüllter Kriegskasse werben US-Kanzleien die Rainmaker der Magic-Circle-Kanzleien und anderer namhafter Einheiten ab. Der Magic Circle ist geschockt und sucht umgekehrt sein Glück in den USA, um weiterhin vorn mitzuspielen im globalen Corporate-Markt.

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US-Einheiten wie Kirkland & Ellis oder Latham & Watkins strotzen vor Kraft (und Geld). Im zurückliegenden Jahrzehnt haben sie sich nicht nur an die Spitze ihres Heimatmarktes gesetzt, sondern auch extrem schlagkräftige globale Kanzleiorganisationen aufgebaut. Sie bilden heute die globale Elite im Corporate- und M&A-Markt, dem globalisiertesten aller Märkte für Rechtsdienstleistungen.

Der Grund für ihren Erfolg: Die USA sind aktuell der wichtigste Rechtsmarkt der Welt. Eine anhaltend hohe Nachfrage bei einem gleichzeitig unangefochten hohen Preisniveau lässt US-Kanzleien vor allem auch im Vergleich mit ihrer britischen Konkurrenz immer profitabler werden. Der Profit pro Equity-Partner stieg bei Kirkland im Jahr 2022 – aktuellere Zahlen dürften in Kürze veröffentlicht werden – auf 7,5 Millionen Dollar. Die Magic-Circle-Kanzleien erreichen nicht einmal ein Drittel davon.

KanzleiProfit pro Partner (2022/23)Änderung zum Vorjahr (2021/22)
Allen & Overy2,33 Mio. US-Dollar-6,7 Prozent
Clifford Chance2,56 Mio. US-Dollar-2,0 Prozent
Freshfields Bruckhaus Deringer2,67 Mio. US-Dollar+1,0 Prozent
Linklaters2,27 Mio. US-Dollar-4,8 Prozent

Tendenz sinkend: Magic-Circle-Kanzleien im Partner-Profit-Vergleich (Quelle: Law.com)

Nach Daten von Law.com sanken die Partnerprofite von Allen & Overy, Clifford & Chance und Linklaters im vergangenen Geschäftsjahr (2022/23), nur Freshfields konnte ein leichtes Plus verbuchen. Der Profit pro Equity-Partner ist bei den 50 umsatzstärksten britischen Kanzleien in diesem Geschäftsjahr im Durchschnitt um 8,1 Prozent gesunken.

Mit ihren vollen Kassen investieren die US-Kanzleien vor allem in London. The Lawyer meldet in diesen Tagen einen Partnerwechsel nach dem anderen. Von Clifford, Linklaters und Co, aber auch aus anderen Londoner Kanzleien wie Travers Smith und McFarlanes wechseln langjährige Spitzenkräfte zu Paul Weiss Rifkind, Wharton & Garrison, Simpson Thatcher oder Gibson Dunn & Crutcher, die in London zuletzt rasant ihre Präsenzen auf- und ausgebaut hat – Paul Weiss wuchs seit Ende 2023 vor allem mit Londoner Linklaters- und Clifford Chance-Partnern.

PartnerVorherige KanzleiRechtsgebietNeue Kanzlei
Will Aitken-DaviesLinklatersM&A/Private EquityPaul Weiss
Marc DruryLinklatersKapitalmarktrechtReed Smith
Taner Hassan Clifford ChanceBank- und FinanzrechtPaul Weiss
Noel HughesLinklatersBank- und FinanzrechtSkadden
David Irvine
(Co-Head Leveraged Finance)
LinklatersBank- und FinanzrechtGibson Dunn & Crutcher
Nicole Kar
(Global Head of Antitrust)
LinklatersKartellrechtPaul Weiss
James MorganLinklatersSteuerrechtKirkland & Ellis
Dan Schuster-Woldan
(Global Co-Head Insurance)
LinklatersVersicherungsrechtPaul Weiss
Christopher Sullivan
(Head of Private Equity)
Clifford Chance Private EquityPaul Weiss

Brain-Drain: Wechselwillige Magic-Circle-Partner seit Ende 2023

Marktbeobachter vergleichen die Situation der City-Kanzleien mit einem Bankrun, also dem unkontrollierten Abfluss von Kanzleikapital. Andere sprechen vom ‚Deutschland-Moment‘, also der Situation in Deutschland zur Jahrtausendwende, als Freshfields, Linklaters und Clifford Chance konsequent ihr Netzwerk nach Deutschland mit Fusionen ausbauten und damit den Grundstein für ihren globalen Erfolg legten.

Die Gefahr ist real, dass die britischen Kanzleien im lukrativen Transaktionsgeschäft in ihrem Londoner Heimatmarkt den Anschluss an die amerikanische Corporate-Elite verlieren. Bereits im Anschluss an den Brexit war Geschäft aus Großbritannien abgeflossen, nun steht noch mehr auf dem Spiel.

In ihrer Verzweiflung suchen die britischen Top-Kanzleien ihr Glück in den USA. Sie müssen US-Geschäft aufbauen, um profitabler zu werden und um den personellen Aderlass und den drohenden Verlust von Marktanteilen im lukrativen globalen Private-Equity-Geschäft zu stoppen. Doch dieser Schritt hat Konsequenzen, auch für die Kultur der einstigen Lockstep-Bastionen.

Wie sich Linklaters, Allen & Overy, Freshfields und Clifford Chance in den USA schlagen und was das für die Kanzleikultur bedeutet, lesen Sie in Teil 2 unserer dreiteiligen Serie, die in den nächsten Tagen erscheint.

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