Managerhaftung

Bilfinger rüstet mit Gutachten von Habersack gegen Koch und Co. auf

Autor/en
  • JUVE

Im Frühjahr 2018 machte Bilfinger eine spektakuläre Ankündigung: Fast die gesamte ehemalige Führungsriege aus zehn Jahren sollte in Haftung genommen werden, weil es dem Konzern unter ihrer Leitung nicht gelang, sich an Recht und Gesetz zu halten. Nun hat der Aufsichtsrat mit diversen Gutachten aufgerüstet – und will nun endlich in die Verhandlungen mit den Ex-Managern einsteigen.

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Hans-Ulrich Wilsing
Hans-Ulrich Wilsing

Sämtliche Vorstandsmitglieder, die zwischen 2006 und 2015 amtierten, will Bilfinger in die Pflicht nehmen, weil sie kein funktionierendes Compliance-System aufgebaut hatten und auf diese Weise Lücken ließen für diverse Skandale. So stand der Konzern von 2014 an zunächst wegen eines umstrittenen Pipelineprojekts in Nigeria unter Aufsicht durch das US-Justizministerium (DOJ). Der als Monitor eingesetzte Schweizer Anwalt Mark Livschitz entdeckte im Rahmen der Untersuchung noch andere Korruptionsfälle. Im September 2016 wurde das Monitorship verlängert und erst Anfang Dezember 2018 beendet.

Zu denen, die nun zahlen sollen, gehören große Namen wie der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch, der von 2011 bis 2014 Vorstandsvorsitzender bei Bilfinger war, und Herbert Bodner, von 1999 bis 2011 sowie 2014 und 2015 an der Spitze des Konzerns. Verschont wird nur, wer als Vorstandsmitglied erst 2015 in das Gremium eintrat. Koch wird von dem Frankfurter Anwalt Eckhard Sachse beraten, Bodner von Dr. Stephan Brandes von SZA Schilling Zutt & Anschütz. Die Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) als Konsortialführer der Versicherungen hat in dem Fall Bastian Finkel aus der Kölner Kanzlei Bach Langheid Dallmayr mandatiert.

Drei Gutachter, zwei Meinungen

Michael Hoffmann-Becking
Michael Hoffmann-Becking

Das ungewöhnlich direkte Vorgehen des Konzerns gegen seine Ex-Manager stützt sich auf diverse Gutachten. In einem ersten aus der Feder von Linklaters-Anwalt Hans-Ulrich Wilsing stellt der Berater schwerwiegende Pflichtverletzungen der Ex-Vorstände fest. In einem zweiten Gutachten befand der nicht minder renommierte Gesellschaftsrechtler Michael Hoffmann-Becking, früher Partner bei Hengeler Mueller, gegen Koch & Co. sei kaum etwas vorzubringen. Nach diesem Gleichstand auf höchster Gutachterebene musste noch ein Dritter ran: Mathias Habersack, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, kommt in seiner Expertise zu dem Schluss, den auch Linklaters schon gezogen hatte – die Ex-Vorstände sollen zahlen.

Der Aufsichtsrat hat nun auf Grundlage des Habersack-Gutachtens entschieden, die Forderungen durchsetzen zu wollen. Erst jetzt werden demnach auch Gespräche mit den beschuldigten Ex-Managern geführt, um eine Einigung zu erreichen. Passiert das nicht, ist Bilfinger auch bereit, zu klagen.

Die Ex-Vorstände, allen voran Roland Koch, haben eine Zahlung bislang abgelehnt. Das Rechtsgutachten von Hoffmann-Becking dürfte ihre Haltung bestärken. Zudem führen sie ein weiteres Gutachten der Beratungsgesellschaft Ernst & Young ins Feld. Das attestierte Bilfinger einst ein tadelloses Compliance-System.

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