Reysen ist der erste Kartellrechtspartner, der aus der riesigen Freshfields-Kartellpraxis zu einer anderen Kanzlei ausschert. Er ist insbesondere auf komplexe fusionskontrollrechtliche Mandate spezialisiert. Unter anderem war er in jüngerer Zeit an der umfangreichen Arbeit für die italienische Bank Unicredito bei der Fusion mit der HVB maßgeblich beteiligt. Weitere Mandanten aus seiner Praxis sind etwa Bombardier, Northrop Grummon, L-3 Communications und Thule. „Der Wechsel zu Howrey gibt mir als jungem Partner die Möglichkeit etwas aufzubauen. Das ist für mich eine hoch interessante Herausforderung“, sagte Reysen.
Die Freshfields-Kartellpraxis umfasst nun weiterhin 15 deutsche Kartellrechtspartner, 5 davon sind im Brüsseler Büro tätig. Gerade diese Größe ist wegen der Gefahr von Interessenkonflikten seit Jahren immer wieder Gegenstand von Diskussionen im Markt. Zahlreiche Wettbewerber hatten aus diesem Grund schon gleich nach der Fusion der beiden Top-Kartellpraxen von Deringer und Bruckhaus vor fünf Jahren Partnerweggänge erwartet. Doch bis jetzt war es gelungen, die Gruppe zusammenzuhalten.
Auch Howrey Simon hat weltweit eine der größten Kartellpraxen, doch fehlten bislang entscheidende Kapazitäten im deutschen Kartellrecht. Umso aufmerksamer reagieren Beobachter nun auf den jüngsten Doppelcoup der US-Kanzlei. Denn auch Drauz hat sich während seiner Laufbahn großes Ansehen in der europäischen Fusionskontrolle erworben, unter anderem auch als Leiter der EU-Merger Task Force. Daneben spielte er in Kartelluntersuchungen wie etwa bezüglich der europäischen Elektrizitäts- und Gasmärkte eine wichtige Rolle sowie bei Verhandlungen mit Coca-Cola über kartellrechtliche Bedenken gegen einige Vertriebspraktiken des Unternehmens. Im Dezember 2005 hatte er seinen Rückzug aus der Arbeit bei der EU-Kommission angekündigt und erklärt, er wolle im privaten Sektor arbeiten. Seither hatte er mit einer Reihe von Kanzleien gesprochen.
Howrey Simon hatte ihr Brüsseler Büro erst 2002 mit der Aufnahme des bekannten britischen Kartellrechtlers Trevor Soames eröffnet. In der Folgezeit hatte die Kanzlei durch ihr schnelles Wachstum viel Aufmerksamkeit im Brüsseler Markt auf sich gezogen und zählt heute 33 Anwälte. Einer der Quereinsteiger, David Wood, wechselte allerdings im letzten Jahr zu Gibson Dunn & Crutcher. Weitere Schritte in Richtung des deutschen Markts sind bereits geplant: In Brüssel soll nun auch die Associate-Ebene wachsen, außerdem bestehen bereits konkrete Überlegungen für die Eröffnung eines eigenen Büros in Deutschland.