In dem seit über einem Jahr tobenden Streit zwischen dem Erlanger Unternehmen Solar Millennium und Ex-Vorstand Prof. Utz Claassen über dessen Millionensalär für eine Amtszeit von lediglich 74 Tagen hat die Gesellschaft eine größer angelegte interne Untersuchung initiiert. Der seit Jahresbeginn amtierende Vorstandsvorsitzende Dr. Christoph Wolff und seine Vorstandskollegen bedienen sich dabei der Hilfe von Skadden Arps Slate Meagher & Flom und der Wiesbadener Strafrechtsboutique Dierlamm. Zudem wurde bekannt, dass es an der Spitze der Rechtsabteilung einen Wechsel gegeben hat.
Neuer Leiter Recht ist seit Juni Matthias Möhle. Der 39-Jährige, der den Posten mitten in der Auseinandersetzung mit Ex-Vorstand Claassen und der laufenden internen Untersuchung übernimmt, folgt auf Andreas Link, der das Team mehrere Jahre lang geführt hatte und bereits vor einigen Monaten ausschied. Möhle kam von der Deutschen Bahn AG, wo er das Rechtsteam für den Schienengüterverkehr geleitet hat. Bei Solar Millennium führt er in der Konzernzentrale ein fünfköpfiges Juristenteam. Die Deutsche Bahn besetzte den Posten des Leiters Recht DB Schenker Rail intern mit dem Briten George Shaw nach.
Streit um Millionengehalt für 74 Tage
Claassen und Solar Millennium streiten sich seit mehr als einem Jahr um Geld, das Claassen für seine 74 Tage währende Amtszeit als Vorstandsvorsitzender haben will oder bereits erhalten hat. Das Solarunternehmen reichte im März dieses Jahres Klage beim Landgericht Nürnberg-Fürth ein, nachdem Vergleichsgespräche um die Rückzahlung einer Antrittsprämie in Höhe von neun Millionen Euro gescheitert waren. Claassen hatte schon Monate zuvor Solar Millennium auf die Zahlung weiterer gut sieben Millionen Euro als Abfindung verklagt.
Zahlreiche Vorwürfe
Im Verlauf der vergangenen Monate hatte Claassen diverse Vorwürfe gegen die Verantwortlichen von Solar Millennium erhoben und dabei auch unsaubere Geschäftspraktiken angedeutet. Der Vorwurf der Bilanzmanipulation stand schon zuvor im Raum. In einer Erklärung vom Monatsanfang sagte der neue Vorstandsvorsitzende Wolff, interne Prüfungen hätten bislang keine Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Bestellung Claassens ergeben. Soweit bekannt, hat die interne Prüfung aber nicht nur die Anstellung Claassens erfasst, sondern auch die Frage, ob die weiteren Vorwürfen gegen das Unternehmen gerechtfertigt sind. Die Staatsanwaltschaft führt Vorermittlungen.
Keine Pflichtverletzungen
Wolff hatte dafür Skadden-Partner Dr. Bernd Mayer mandatiert. Mayer, der mit einem Untersuchungsauftrag auch schon für Daimler tätig war, agiert als informeller Sonderprüfer, also als Sonderprüfer, der nicht auf Initiative der Hauptversammlung, sondern des Vorstands tätig wird. Der angesehene Wirtschaftsstrafrechtler Prof. Dr. Alfred Dierlamm wiederum zeichnete für ein Gutachten verantwortlich, das sich mit der Frage befasste, ob der Aufsichtsrat im Zusammenhang mit der Bestellung Claassens Anfang 2010 Pflichtverletzungen begangen hat.
Beide kamen jetzt zu dem vorläufigen Ergebnis, dass es keine Pflichtwidrigkeiten gab. Ein vorangegangenes Gutachten durch Prof. Dr. Hans Kudlich von der Uni Erlangen-Nürnberg war hier noch zu einem teils abweichenden Ergebnis gekommen. Kudlich und die angesehene Erlanger Kanzlei Bissel & Partner waren bereits 2010 mit einer internen Untersuchung beauftragt worden. Nach Aussage von Solar Millenium sei diese aber nicht zu Ende geführt worden. Die abweichenden Ergebnisse des Kudlich-Gutachtens seien auf eine unzureichende Bewertungsgrundlage zurückzuführen. Bissel & Partner äußerte sich nicht zu den Umständen.
War Vergütung im Sinne des Aktienrechts angemessen?
Tatsächlich betrifft der juristische Dissenz die Frage, ob die Claassen durch den Aufsichtsrat zugesagte Vergütung angemessen im Sinne des Aktienrechts war. Kudlich soll sein Gutachten lediglich auf die Verträge gestützt haben, nicht aber auf die Beschlüsse des Aufsichtsrats. Letztere jedoch geben die Motivationslage der Aufsichtsratsmitglieder wieder, ohne die aber die Frage der Angemessenheit nicht zu beurteilen ist, heißt es.
Das endgültige Ergebnis des über diese Frage hinausgehenden Auftrags von Skadden soll im September vorliegen. Dann ist auch ein Termin vor dem Landgericht anberaumt. Bei seiner Klage auf Rückzahlung der Antrittsprämie lässt sich der Solar Millennium-Aufsichtsrat durch die Bayreuther Kanzlei Krammer Jahn vertreten, die sich insbesondere auf Gesellschaftsrecht sowie Kapitalmarktberatung spezialisiert hat. Die Federführung liegt bei Namenspartner Jochen Jahn. Claassen wird öffentlichen Informationen zufolge durch Frank Silinger aus der Hannoveraner Kanzlei Sillinger & Partner vertreten. Auch Harald Noack aus der Göttinger Kanzlei Menge Noack ist im Verlauf des Streits für ihn aufgetreten.