JUVE: Welche Auswirkungen ergeben sich aus der Ankündigung der Trump-Regierung, das Budget der EPA um fast 31 Prozent zu reduzieren?
Adam Kushner: Dies bedeutet signifikante Kürzungen für diverse Programme, zum Beispiel das Programm zur Altlastensanierung. Es betrifft auch die geplante Einführung des Energy-Star-Programms und geht einher mit dem Abbau von ca. 3.200 Stellen, das entspricht rund 19 Prozent des EPA-Personals.
In welchem Stadium der Gesetzgebung befinden sich die Pläne?
Noch ist das Ganze nicht mehr als ein politisches Statement. Um wirksam zu werden, muss der Kongress den Vorschlägen zustimmen. Sollte der Kongress die Budgetkürzungen aber tatsächlich beschließen, würde das die Fähigkeit der EPA, die amerikanische Öffentlichkeit zu schützen, deutlich einschränken.
Was würden die Kürzungen für die laufende Restrukturierung des US-Energiemarkts bedeuten?
Ohne Frage würden sie die US-amerikanische Energiepolitik ganz wesentlich verändern. Die maximale Nutzung inländischer Ressourcen ist der Grundpfeiler der zukünftigen Energiepolitik. Durch Deregulierung sollen noch unerschlossene Gas- und Ölreserven in Zukunft einfacher erschlossen werden. Regeln, die unsere Luft-, Wasser- und Landressourcen schützen sollen, sind in den Augen des Präsidenten dabei hinderlich. Seit 2011 legt die EPA ihre Priorität darauf, die Einhaltung umweltrechtlicher Gesetze bei der Erschließung von Energieressourcen zu kontrollieren. Die geplanten Budgetkürzungen könnten die EPA zwingen, ihre Aktivität bei der Durchsetzung von Umweltrecht zu reduzieren.
Was genau ist zu erwarten?
Die USA werden die Hunderte noch anhängiger Verstöße gegen das US-amerikanische Umweltrecht sicherlich weiter verfolgen. In Zukunft rechne ich allerdings mit deutlich weniger neuen Verfahren. Die Regierung besitzt weitgehende Kompetenzen, die Fälle auszuwählen, die die EPA verfolgen darf. Weil die Trump-Regierung der Durchsetzung von Umweltrecht relativ feindlich gegenübersteht, ist zu erwarten, dass sie von ihrem Einfluss Gebrauch machen wird. In diesen Zusammenhang passt auch das weitgehend bestätigte Gerücht, wonach Trump plant, die bei der EPA liegende Vollzugsbehörde für zivil- und strafrechtliche Umweltdelikte zu schließen. Teile ihrer Aufgaben sollen so verlagert werden, dass die Trump-Administration sie besser beaufsichtigen kann.
Wäre das Aufdecken und Sanktionieren des VW-Falles in Zukunft noch möglich?
Ja. Der Clean Air Act stattet die EPA mit weitgehenden Kompetenzen aus. Sie gleicht hier eher einer Ermittlungsbehörde. Sie kann Prüfungen einfordern, Akten einsehen, Zeugen befragen und darf die Anlagen von Herstellern untersuchen, bei denen ein Verstoß gegen den Clean Air Act angenommen wird. Wenn auch die Durchsetzung von Recht durch die geplanten Budgetkürzungen faktisch behindert wird, darf die EPA Verstöße gegen den Clean Air Act weiterhin mit zivilrechtlichen Strafen bis zu 45.268 Dollar pro Motor ahnden. Der EPA diese grundsätzliche Kompetenz zu nehmen, ist nur durch eine Gesetzesänderung möglich.
Erwarten Sie Widerstände?
Es ist anzunehmen, dass Bundesstaaten – insbesondere Kalifornien – eine deutlich aggressivere Rolle bei der Durchsetzung von Umweltrecht – vor allem die Luft betreffend – einnehmen werden. Das kalifornische Air Resources Board spielte bereits im VW-Fall eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung von Umweltrechten. Ich erwarte eine Zunahme der Aktivitäten, sobald die EPA auf föderaler Ebene an Schlagkraft verliert.
Und wie wird sich der nationale und internationale Klimaschutz entwickeln?
National hat Trump klar gemacht, dass er Klimaschutzprogramme und andere Umweltschutzinitiativen nachhaltig reduzieren will. Jetzt schon versucht die Regierung, Obamas Clean Power Plan zur Kontrolle von Kohlendioxidemissionen rückgängig zu machen. Trumps Verordnung ‚Promoting Energy Independence and Economic Growth‘ dient diesem Zweck. Sie hält die EPA dazu an, bestehende energie- und klimaschutzrechtliche Regulierungen dahingehend zu überprüfen, ob sie die Erschließung nationaler Energieressourcen behindern. Diese Anordnung wird aktuell von einem Bundesgericht überprüft. Alles in allem signalisieren die eingeleiteten Schritte eine Kehrtwende. Die USA werden ihre internationale Führungsrolle im Klimaschutz aufgeben.
Das Gespräch führte Martin Ströder.