Zuletzt wurde ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Washingtoner Bezirksrichter Amir Ali angestrengt, der das Einfrieren von Auslandshilfen gestoppt hatte. Schon zuvor wurden gegen zwei Richter aus New York und Washington, die sich gegen Donald Trump und das von Elon Musk geleitete Kostensenkungsteam der Regierung ausgesprochen hatten, Anklagen eingereicht.
Zugleich informierten US-Marshals darüber, dass sich die Sicherheitslage für Richter verschlechtert habe. Schon seit 2020 hat sich die Situation zwar verschärft, diese Entwicklung hat nun aber noch einmal an Brisanz gewonnen. Mehrere Richter berichteten Reuters über Drohanrufe, in denen ihnen persönliches Leid angedroht wurde. Zwei Richter sollen bereits unter erhöhtem Schutz stehen.
Die Vereinigung der Bundesrichter machte in einer Erklärung an ihre gut 1.000 Mitglieder klar, dass durch die anhaltende Gewalt und Einschüchterung ein „Zusammenbruch der Rechtsstaatlichkeit“ riskiert werde.
Ermutigt fühlen sich die Bedroher, weil Trump, Musk und andere kontinuierlich daran arbeiten, die Richterschaft zu diskreditieren. Reuters hat gesammelt: Trump selbst hat Richter in den sozialen Medien als „aktivistisch“ und „hochpolitisch“ bezeichnet. Musk wiederum hat seit Ende Januar in mehr als 30 Social-Media-Beiträgen Richter als „korrupt“, „radikal“ und „böse“ bezeichnet und sich über die „Tyrannei der Justiz“ lustig gemacht.
„Das Weiße Haus verurteilt alle Drohungen gegen Beamte, auch wenn wir der Meinung sind, dass viele dieser Leute linksgerichtete, verrückte Richter sind, die sich nicht an die Verfassung halten“, sagte zuletzt ein Trump-Sprecher.
ABA springt Richtern bei
Auch die American Bar Association (ABA) verurteilte am Montag die „unangemessenen“ Angriffe auf Richter durch Beamte der Trump-Verwaltung, was das Weiße Haus dazu veranlasste, die ABA und ihre weit über 100.000 Mitglieder als „hochnäsige“ Organisation von „linken Anwälten“ abzutun.
Der Präsident der ABA, William Bay, kritisierte auch Trumps Aufhebung der Sicherheitsfreigaben für die Anwälte von Covington & Burling. Sie vertreten Jack Smith, den ehemaligen Sonderermittler gegen Trump, und seinen Plan, die Geschäfte der US-Regierung mit der Kanzlei einzuschränken.
Bay erkennt ein klares Muster: „Wenn ein Gericht eine Entscheidung fällt, mit der die Verwaltung nicht einverstanden ist, wird der Richter zur Zielscheibe. Wenn ein Anwalt Parteien in einem Streit mit der Regierung vertritt, oder wenn ein Anwalt Parteien vertritt, die die Regierung nicht mag, werden Anwälte ins Visier genommen. Wir treten für unsere vier Schlüsselprinzipien ein, und ein Regierungsbeamter hat uns ins Visier genommen, indem er einige seiner Anwälte angewiesen hat, nicht an ABA-Treffen teilzunehmen oder als Redner aufzutreten.“
Die ABA hatte zuvor aber auch ein Stück weit nachgegeben und den Universitäten, für deren Akkreditierung sie zuständig ist, erlaubt, ihre Diversity-Programme auszusetzen. Der Grund: Es bestand das Risiko, dass andernfalls die Mittel gestrichen werden.
Inzwischen hat das Trump-Regime nachgelegt: Generalstaatsanwältin Pam Bondi forderte die ABA in einem Brief, der gestern von einem Beamten des US-Justizministeriums auf einer Social-Media-Seite veröffentlicht wurde, auf, die Diversitätsregel für juristische Fakultäten unverzüglich aufzuheben und eine geplante Überarbeitung dieses Standards zu verwerfen. Sie warnte auch davor, dass der ABA ihre Position als staatlich anerkannte Akkreditierungsstelle – eine Position, die sie seit 1952 innehat – entzogen werden könne.
Supreme Court hält stand
Vor Bundesgerichten werden inzwischen mehr als 100 Klagen gegen die Initiativen der Regierung verhandelt, von denen sich viele auf die Bemühungen von Musk und seinem Team konzentrieren, Hunderttausende von Bundesbediensteten zu entlassen und die staatlichen Beihilfen und Regulierungsprogramme drastisch zu reduzieren. Etliche Untergerichte haben bereits gegen die Dekrete entschieden.
Mit einer Entscheidung von 5:4 Stimmen bestätigte nun gestern der Supreme Court die Anordnung des Bezirksrichters Amir Ali, dass den Auftragnehmern und Empfängern von Zuschüssen der USA die Mittel für ihre bisherige Arbeit unverzüglich freizugeben sind. Damit dürfte auch dem gegen Ali angestrengten Amtsenthebungsverfahren der Boden entzogen sein.
Zwei konservative Richter schlugen sich auf die Seite der drei liberalen Mitglieder des Gerichts. Zu den Klägern in dem Rechtsstreit gehörten die AIDS Vaccine Advocacy Coalition, das Journalism Development Network, das internationale Entwicklungsunternehmen DAI Global und die Flüchtlingsorganisation HIAS.