Management-Interview

Wie kommt Baker McKenzie auf eine Million Umsatz pro Anwalt?

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Erstmals erreichte Baker McKenzie in Deutschland einen Umsatz pro Berufsträger von mehr als einer Million Euro. JUVE sprach mit dem Global Chair Milton Cheng und dem deutschen Managing-Partner Dr. Alexander Wolff über die Rolle des deutschen Marktes für die Gesamtkanzlei, den Umsatzsprung und weitere Wachstumspläne.

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JUVE: Herr Cheng, welche Rolle kommt Ihrer Meinung nach einer internationalen Großkanzlei in Zeiten des Rückzugs der Globalisierung zu?
Milton Cheng: Ich würde nicht von einem Rückzug der Globalisierung sprechen, eher von einer Neuordnung der globalen Weltkarte. Hinter uns liegt die Pandemie, während der es einen starken Rückzug nach innen gab. Unsere internationalen Mandanten, mit denen ich regelmäßig spreche, müssen sich an neue Gegebenheiten anpassen. Die Globalisierung kommt heute in neuem Gewand daher, und als weltweit agierende Anwaltskanzlei passen wir uns den Bedürfnissen unserer Mandanten an. Für sie ist es heute wichtiger denn je, Kontakte vor Ort zu haben. Sie suchen Länder oder Märkte, in denen sie Investitionen tätigen können, und wir unterstützen sie dabei. Von besonderer Bedeutung sind Lösungen, um die Auswirkungen geopolitischer Spannungen, verschärfter Sanktionen oder Investitionsvorschriften abzumildern. Der Trend geht zum Hyperlokalen: Unternehmen wollen nach wie vor in mehreren Märkten zugleich präsent sein, aber wissen heute auch, wie viel fundiertes lokales Know-how dafür benötigt wird. Das generiert Mandatsarbeit für uns als globale Kanzlei und stärkt insgesamt die Mandatsbeziehungen. Aufgrund der aktuellen geopolitischen Lage ist unser Sanktionsteam stark nachgefragt und auch unsere Teams für Kartellrecht und Arbeitsrecht sind sehr gut ausgelastet. Wenn ein Unternehmen beispielsweise von einer „China-Strategie“ zu einer „China-plus-eins-Strategie“ wechselt, muss es die lokalen Arbeitsgesetze verstehen. Hier kommen wir ins Spiel. Unser Full-Service-Ansatz ist dabei eine wesentliche Komponente.

Welche Rolle spielt der deutsche Markt für die Kanzlei als Ganzes?
Cheng: Deutschland war und ist für uns von zentraler Bedeutung und wird es auch immer sein. Wenn man das globale Umfeld betrachtet, ist Deutschland nach wie vor ein Powerhouse der verarbeitenden Industrie und ein wichtiger Standort für neue Technologien. Außerdem ist Deutschland derzeit führend im Bereich ESG, dem wir uns besonders verpflichtet fühlen.

Dr. Alexander Wolff: Deutschland befindet sich im Wandel. Wir sehen eine große Nachfrage bei Restrukturierungen. Neben dem Arbeitsrecht hat unser Litigation-Team derzeit ebenfalls sehr gut zu tun.

Cheng: Wir investieren gerade auch in unsere Transaktionspraxis. Unsere Expertise liegt hier im Bereich der grenzüberschreitenden Regulierten Industrien. Ein Beispiel dafür ist unsere Arbeit für Sika oder Johnson & Johnson. Mandanten wenden sich an uns, wenn es um globale, grenzüberschreitende oder zumindest paneuropäische Transaktionen von hoher Komplexität geht, die mehr als nur Rechtsberatung erfordern. Wir unterstützen dann auch in den Bereichen Kartellrecht, IP, Cybersicherheit und zunehmend auch im Bereich von ESG-Due-Diligence sowie Health Care. All dies belegt eindrücklich die vielfältige Rolle, die wir im Transaktionsbereich spielen.

Alexander Wolff (links) und Milton Cheng. Foto: Ludger Steckelbach / JUVE Verlag

Der weltweite Umsatz pro Anwalt liegt bei etwa 649.000 US-Dollar. In Deutschland sind es mehr als 1 Million Euro. Wie lässt sich das außergewöhnliche Umsatzwachstum in Deutschland erklären?
Cheng: Was den weltweiten Umsatz pro Anwalt angeht: Überall dort, wo wir präsent sind, ist es unser Ziel, zu den besten 10 Prozent im Markt zu gehören. Wir sind eine globale Anwaltskanzlei, und jeder Markt birgt seine eigenen Besonderheiten. Der Durchschnittsumsatz berücksichtigt natürlich alle Märkte.

Wolff: In Deutschland hatten wir ein außergewöhnlich gutes Jahr. Sika, die wir beim Kauf der MBCC-Gruppe von Lone Star beraten haben, war für uns von großer Bedeutung. Wir haben sodann einen Teil des Geschäfts an Cinven veräußert. Nicht nur unser Team in Deutschland hat an diesem Abschluss gearbeitet, sondern auch Kolleginnen und Kollegen in vielen anderen Büros auf der ganzen Welt. Als GmbH können wir nun die Arbeit unserer Anwältinnen und Anwälte außerhalb Deutschlands auch hierzulande berücksichtigen. Baker McKenzie agiert schon von jeher als international tätige Kanzlei. Wir vereinfachen unsere Strukturen immer weiter. Dadurch bewegen wir uns in einem viel stärker integrierten Finanzmodell. Unser Ziel ist es, in strategisch relevanten Bereichen, wie etwa bei der Einstellung von Nachwuchsjuristinnen und -juristen, noch integrierter zusammenzuarbeiten. Gemeinsam können wir viel mehr erreichen.

Die gesamte Kanzlei ist dabei, ihren Fokus vermehrt auf Transaktionen zu legen. Wie ist die Equity-Partnerschaft global strukturiert?
Cheng: Wir haben M&A, Private Equity, Steuerplanung und Transaktionssteuern als Wachstumsfelder identifiziert. Außerdem investieren wir in Investigations und Compliance. Letztes Jahr haben wir insbesondere im Bereich Litigation gezielt Talente gefördert und neu hinzugewonnen, um Mandanten mit Investigations- und Compliance-Anliegen umfassend unterstützen zu können. Gleichzeitig investieren wir taktisch, indem wir Partner fördern und rekrutieren, die das Geschäft langfristig vorantreiben. Es geht neben der Betreuung von Transaktionen also immer auch darum, weltweit Talente zu entdecken und einzustellen.

Wie viele Equity-Partner benötigen Sie in Deutschland?
Wolff: Wir betrachten die Anzahl der Partner stets aus einem strategischen Blickwinkel, neuerdings für die gesamte Region: Es ist also nicht länger nur die deutsche Partnerschaft, die entscheidet, wen wir befördern. Wir haben nun einen Prozess, bei dem wir zunächst in Abstimmung mit unserem regionalen Management evaluieren, was in unsere Strategie passt, wo wir investieren wollen oder Lücken füllen müssen. Die Anzahl der Partner in Deutschland wird sich wahrscheinlich ein wenig verändern. Einige Partner werden in den Ruhestand gehen. Das eröffnet auch neue Möglichkeiten: Wir sind zuversichtlich, dass wir in den nächsten Jahren einige lokale Partnerinnen und Partner befördern werden.

Die Zahl der Anwältinnen und Anwälte in Deutschland hat sich in den letzten fünf Jahren nicht wesentlich verändert. Sie liegt immer bei etwa 200. Wollen Sie hier noch wachsen?
Wolff: Ja, wir wollen in Deutschland wachsen. Deutschland ist ein wichtiger Markt für uns. Wir expandieren jetzt zum Beispiel im Arbeitsrecht, weil unsere Mandanten vermehrt Unterstützung bei Umstrukturierungen benötigen.

Was denken Sie über den Wettbewerber A&O Shearman?
Cheng: Der Zusammenschluss bestätigt die Nachfrage nach globalen Anwaltskanzleien, die wir schon vor Jahren erkannt haben.

Wer sind Ihre Wettbewerber in Deutschland?
Cheng: DLA Piper, Hogan Lovells und Herbert Smith Freehills sind aus unserer Sicht vergleichbare Kanzleien, auch wenn wir darüber hinaus in einzelnen Bereichen mit anderen Kanzleien konkurrieren. Auch White & Case ist ein Wettbewerber, wenngleich mehr auf die USA fokussiert. Im Vergleich dazu haben wir über 6.800 Rechtsanwälte und Steuerberater in 74 Büros. Dank unserer globalen Reichweite, unserer Praxis- und Branchenexpertise und unserer Kenntnisse der Gegebenheiten vor Ort können wir unsere Mandanten nicht nur in den entwickelten Märkten unterstützen, sondern auch in den aufstrebenden Märkten in Asien und Afrika. Die Big Four sind ebenfalls in diesen Markt eingestiegen. Sie beschäftigen sich jedoch mit anderen, eher operativen Aufgaben.

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