Kommentar

Gemischte Gefühle

Autor/en
  • Aled Griffiths

Die stetig steigenden Associate-Gehälter sorgen in Partnerkreisen für gemischte Gefühle. Dass Berufsanfänger für ihre begrenzte Leistung so gut bezahlt werden, bringt Ressentiments mit sich. Dass die Kanzleien damit ein materialistischeres, weniger ganzheitliches Berufsbild fördern, nährt Schuldgefühle. Dazu kommt Resignation: Man fühlt sich den Marktströmungen ausgeliefert. Vielleicht sollte aber auch das Gefühl von Mitleid eine Rolle spielen. Denn die Anforderungen werden immer härter. Die Rechnung ist einfach: Kanzleiprofitabilität und Associate-Gehälter legen weiter zu. Müssen Associates nun mehr oder weniger arbeiten, um ihre immer aufwendigere Ausbildung zu amortisieren? Ende der 1990er Jahre entbrannte ein erbitterter Gehälterkrieg in den USA zwischen Kanzleien an der Ost- und der Westküste, doch mit der Bezahlung nahmen auch die Arbeits- und Honorarstunden der Associates zu.

Teilen Sie unseren Beitrag

Hierzulande ist nun Ähnliches zu beobachten. Allerdings hätten die Kanzleien schon immer gerne mehr Absolventen mit Prädikatsexamina engagiert, als der Markt hergab. Neu ist, dass die meisten Sozietäten heute Absolventen mit schlechteren Noten einstellen (was ungern zugegeben wird) und zu finanziellen Argumenten greifen, um sich die besten Berufseinsteiger zu

sichern. In Großbritannien und den USA hat sich der Markt seit dem Internet-Boom wieder etwas beruhigt. US-Kanzleien bezahlen in London weiterhin die höchsten Gehälter, der Magic Circle bietet dafür angeblich mehr Kollegialität und betont, dass bisher bei den US-Kanzleien noch immer nur ein Bruchteil der Londoner Associates zu Partnern ernannt wird.

In den USA herrscht ein wesentlich ausgeprägteres Berufsethos: Spitzenabsolventen, denen die konventionellen Karrierepfade zu ausgetreten sind, lassen sich gerade dadurch locken, dass auch Pro-Bono-Arbeit bei bestimmten Kanzleien einen großen Stellenwert hat. Eine so klare Alternative fehlt in Deutschland. Viele Partner fürchten das Image einer “weich” geführten Lifestyle-Kanzlei, dabei ließen sich gerade hier neue Argumente finden, um Top-Absolventen zum Einstieg zu bewegen.

(Aled Griffiths)

Artikel teilen

Gerne dürfen Sie unseren Artikel auf Ihrer Website und/oder auf Social Media zitieren und mit unserem Originaltext verlinken. Der Teaser auf Ihrer Seite darf die Überschrift und einen Absatz des Haupttextes enthalten. Weitere Rahmenbedingungen der Nutzung unserer Inhalte auf Ihrer Website entnehmen Sie bitte unseren Bedingungen für Nachdrucke und Lizenzierung.

Für die Übernahme von Artikeln in Pressespiegel erhalten Sie die erforderlichen Nutzungsrechte über die PMG Presse-Monitor GmbH, Berlin.
www.pressemonitor.de