Doch man kann den Teamwechsel auch so interpretieren: Er zeigt, wie ernst es Latham mit ihrer Deutschlandstrategie ist. Die Kanzlei hat viele Quereinsteiger geholt, um in die Vorstandsetagen der deutschen Industrie vorzudringen. Doch für eine globale Kanzlei mit astronomischer Profitabilität ist gesellschaftsrechtliche Kernarbeit für deutsche Konzerne nur begrenzt interessant. Latham setzt darauf, dass sie globale Transaktionsmandate aus Deutschland heraus exportieren kann – wie beim Kauf des US-Konzerns Varian durch Siemens Healthineers. Nur diese Art von Deals kann mit der Rentabilität der Private-Equity-Praxis mithalten. In gewisser Weise bedeutet der Teamwechsel, dass Latham Opfer des eigenen Erfolgs geworden ist: Es gibt Grenzen, wie viel Partnerzeit in den Ausbau einer inländischen Corporate-Praxis investiert werden kann – und diese Grenzen verschieben sich umso mehr, je weiter die Produktivität in beeindruckende Höhen schnellt.
Auch für Noerr ist der Schritt weitreichend. Eine so große und prominente Gruppe ist noch nie dazugestoßen. Noerr ist einer der Marktführer in Kontinentaleuropa für Mid-Cap-M&A-Deals. Das ist ein ganz anderes Segment als das der Partner von Latham. Es wird Noerr-Partner geben, denen bange wird, und solche, die die Chance begrüßen, sich am oberen Ende des M&A-Marktes breiter aufzustellen. Das Management steht vor der heiklen Aufgabe, die klar fokussierten Latham-Quereinsteiger in eine Praxis zu integrieren, die sich durch bewusste Heterogenität auszeichnet.