Kommentar

Neue Klassengesellschaft bei Hengeler: Pragmatismus sticht Tradition

Mit dem Salary-Partner tauscht Hengeler Mueller ein Stück Mythos gegen mehr Zukunftsfähigkeit, meint Martin Ströder.

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Hengeler ist bekannt als die bedeutendste Marke im deutschen Markt – aber nicht als die wendigste Kanzlei. Deshalb kam das Votum zur Einführung einer neuen Partnerklasse für die versammelte Konkurrenz doch sehr überraschend. Es zeigt: Die neue Partnergeneration ist gewillt, die Zukunft der Kanzlei auch abweichend von traditionsgegebenen Pfaden zu sichern. Das setzt ein Ausrufezeichen für den Kanzleimarkt in Deutschland, in dem wendige, auf sehr hochpreisiges Geschäft fokussierte US-Organisationen mittlerweile die jährlichen Kennzahlenvergleiche dominieren. Aus Recruiting-Sicht dürfte das Vorhaben von Hengeler vielversprechend sein.

Aber: Der Schritt weg von der All-Equity-Partnerschaft stellt den Hengeler-Mythos von der einen homogenen High-End-Hengeler-Partnerschaft infrage. Die Entscheidung könnte die Gewichte langfristig verschieben: Die Bedeutung des individuellen Umsatzes könnte zunehmen – während der Anspruch verblasst, in der ganzen Breite der Spezialisierungen den besten Köpfen einen geraden Weg in die Equity-Partnerschaft zu ebnen.

Die heutige Hengeler-Partnerschaft ist breiter aufgestellt als je zuvor. Die Salary-Partnerschaft könnte eine Kehrtwende sein, weg von der homogenen High-End-Partnerschaft aller Spezialisierungen. Keiner sollte sich wundern, wenn die Kanzlei in zehn Jahren statt 90 nur noch 70 Equity-Partner hat – und fachlich weniger divers ist. Vielleicht sind im Verhältnis zum Rest dann sogar wieder mehr Corporate-M&A-Leute als Gesellschafter tätig! Damit würde die Aufgabe einer Tradition – der All-Equity-Partnerschaft – die Kanzlei paradoxerweise wieder näher an ihre Wurzeln heranführen.

Der Kommentar stammt aus der aktuellen Ausgabe 07/2023 des JUVE Rechtsmarkt.

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