Kanzleien

Wie der Brexit das internationale Machtgefüge verändert

Der Brexit wird auf die europäische Wirtschaft tiefere Auswirkungen haben als jedes andere politische Ereignis der vergangenen Jahre. Der Rechtsberatungsmarkt ist davon nicht ausgenommen. Deshalb hinterlässt der Austritt Großbritanniens aus der EU schon im Vorfeld auch im deutschen Kanzleimarkt seine Spuren.

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Die Londoner Anwaltschaft schwankt zwischen Hoffen und Bangen. Kurzfristig wird der Brexit den Markt beflügeln, aber mittelfristig könnte das ganz anders aussehen. Laut britischer Law Society setzt der Sektor 29 Milliarden Pfund (rund 32 Milliarden Euro) um und sichert Arbeitspläteh in sechsstelliger Größenordnung.

Ob englisches Recht bei internationalen Verträgen weiterhin eine große Rolle spielt, ob die Londoner Gerichte ihre Anziehungskraft für internationale Streitigkeiten behalten und wie viele Unternehmen ihre Europazentralen von den britischen Inseln abziehen – all das ist Gegenstand kontroverser Diskussionen und hängt auch vom Ausgang der Verhandlungen ab. Trotzdem bereitet sich die Justiz in Frankfurt, Paris und Amsterdam schon auf eine erleichterte Übernahme von Verfahren in englischer Sprache vor, um für internationale Rechtsstreitigkeiten attraktiv zu sein. Gelingt das, dürfte sich auch das interne Machtgefüge in vielen internationalen Kanzleien verschieben. Derzeit dominieren bei den britischen Kanzleien noch die Büros in London, was die Anzahl der Partner angeht. Lediglich bei Freshfields Bruckhaus Deringer liegt die Zahl der Partner in Deutschland und London nahezu gleichauf.

Für 2019 zeichnet sich auch ab, dass der Brexit für die Kanzleien selbst rechtliche Herausforderungen birgt. Zu den fundamentalen Fragen, vor die ein harter Brexit die Kanzleien stellt, gehört die Rechtsform. Das womöglich abrupte Ende der nur innerhalb der EU-Staaten geltenden Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit ist ein enormes Risiko, ist doch der wechselseitige Austausch von Anwälten längst Normalität in der grenzüberschreitenden Beratung.

Die Frage, welchen Status internationale Kanzleien in Deutschland haben, gewann im August 2018 eine unerwartete Brisanz: Das Bundesverfassungsgericht knüpfte in seiner VW/Jones Day-Entscheidung den Grundrechtsschutz für Kanzleien an einen Sitz innerhalb der Europäischen Union. Konkret ging es um Artikel 13 des Grundgesetzes und die Unverletzlichkeit der Wohnung,

Nicht nur deshalb hätte ein harter Brexit eine veränderte europäische Kanzleienlandschaft zur Folge: Viele Fonds stehen unter Investitionsdruck. Das hohe Interesse von ausländischen, insbesondere außereuropäischen Investoren ist deshalb am deutschen Markt deutlich spürbar und schlägt sich in den M&A- und Private-Equity-Aktivitäten von Kanzleien nieder.

Diese Entwicklung dürfte sich verstärken, wenn London seine Rolle als Eintrittstor für den EU-Binnenmarkt verliert. Eine Konsequenz daraus zeigte sich in diesem Jahr bereits, als sich die US-Kanzlei Covington & Burling durch die Fusion mit der Frankfurter Kanzlei Heymann & Partner ein Standbein im kontinentaleuropäischen Markt sicherte.

Mehr über aktuelle Entwicklungen im deutschen Kanzleimarkt und die schon jetzt sichtbaren Auswirkungen des Brexit lesen Sie im aktuellen JUVE Handbuch Wirtschaftkanzleien 2018/19.

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