„Wir sind sehr froh, dass Österreich seine lokale Kammer bekommt. Sie verbessert den Rechtsschutz in Österreich“, sagte Rainer Schultes, Partner der Wiener IP-Boutique Geistwert. Das werde noch besonders wichtig, wenn asiatische und amerikanische Unternehmen das bequemere Einheitspatent für sich entdecken und verstärkt Patente in Europa anmelden und durchsetzen, meint Schultes, und weiter: „Ich erwarte, dass europäische Unternehmen künftig öfter aus Patenten geklagt werden als bisher. Die lokale Kammer ist in Österreich ist daher essentiell.“
Der Beschluss wurde auf Antrag von Technologieminister Alois Stöger (SPÖ) gefasst. Sein Ministerium trägt auch die Kosten für die Einrichtung. Aus Sicht von Stöger sollen mit der lokalen Kammer „heimischen Unternehmen die besten Rahmenbedingungen für das künftige einheitliche EU-Patent“ geboten werden. Verfahren, wie etwa Patentverletzungsklagen, könnten im Land und in der Landessprache geführt werden. „Das spart sehr viel Aufwand und Kosten, zudem sichert es den Innovationsstandort mit Know-how im Bereich spezialisierter Rechtsdienstleistungen“, so Stöger.
Auch Dr. Christian Gassauer-Fleissner, Partner der gleichnamigen Wiener Kanzlei, begrüßte die Entscheidung: „Die vom Ministerrat angeführten Vorteile sind genau jene, die von Seiten der die Interessen österreichischer Klienten wahrnehmenden Parteienvertretern, den Rechts- und Patentanwälten, vorgetragen wurden. Ich sehe es als ein zu seltenes Beispiel der Politik dafür an, Entscheidungen zu Gunsten von Unternehmen in Österreich und zur Verhinderung eines brain drain zu treffen. Ich hoffe, dass weitere Entscheidungen in diese Richtung im Zuge der Steuerreform fallen werden.“
Patentgerichtsbarkeit soll nicht vor 2017 starten
Den Vertrag haben bereits 25 Mitgliedsstaaten unterschrieben, darunter auch Österreich. Sie müssen ihn nun noch ratifizieren. Offiziell soll das neue Patentsystem Ende 2016 an den Start gehen. Wegen des schleppenden Ratifizierungsprozesses und der noch immer ungeklärten Kostenfrage für das EU-Patent gehen Experten derzeit davon aus, dass das UPC frühestens 2017 die Arbeit aufnimmt.
Das UPC wird für Verfahren in Bezug auf bestehende europäische Patente und für das künftige EU-Patent mit einheitlicher Wirkung zuständig sein, das heißt unter anderem für Patentverletzungsklagen. Diese werden derzeit vom Handelsgericht Wien behandelt. Auch Patentnichtigkeitsklagen werden künftig vor dem UPC verhandelt. Dafür ist derzeit die Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts zuständig. Strukturell soll die Erstinstanz aus einer Zentralkammer mit Hauptsitz in Paris und Nebensitzen in London und München und mehreren lokalen beziehungsweise regionalen Kammern in den Mitgliedstaaten bestehen.
Ihnen kommt als nationale Eingangsinstanz eine hohe Bedeutung zu. In der Regel gibt es pro Mitgliedsstaat eine Lokalkammer. Deutschland stehen jedoch als einzigem Land wegen der hohen Fallzahlen hierzulande vier Lokalkammern zu. Länder mit nur wenigen Patentverfahren können sich außerdem zu einer Regionalkammer zusammenschließen. Diese Möglichkeit war in Österreich ebenfalls diskutiert, dem Vernehmen nach jedoch schon im Herbst verworfen worden. Bereits bekannt ist, dass sich Schweden und die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland zu einer Regionalkammer zusammenschließen werden. Über allem schwebt ein Berufungsgericht in Luxemburg.