Noch bleibt Luft nach oben: „In den ersten fünf Wochen des Jahres wurden rund 30 FlexCos und über 1.200 GmbHs im Firmenbuch eingetragen“, berichtet Dr. Christian Zwick, Partner bei Binder Grösswang. Mitte März waren es knapp 100. Eine der neuen FlexCos ist Propcorn. Das Unternehmen berechnet mittels künstlicher Intelligenz automatisch und in Echtzeit das Baupotenzial von Immobilien. Der Gang zum Architekten ist im ersten Schritt damit überflüssig.
Co-Founder und CEO Niki Stadler hat gemeinsam mit den anderen beiden Gründern extra auf die FlexCo gewartet: „Für uns gab es bisher keine passende Gesellschaftsform, da immer sofort Steuern bei der Übertragung von Anteilen an Mitarbeiter angefallen wären. Bei der FlexCo werden die Anteile erst nach dem Exit versteuert. 10 Prozent der Anteile haben wir daher vorsorglich für die Mitarbeiter reserviert.“
„Wir mussten alles manuell machen“
Bei der praktischen Umsetzung setzte die Ernüchterung ein. „Der Aufwand war enorm“, sagt Stadler. So gab es bei der Hausbank online noch keine Auswahlmöglichkeit für die neue Gesellschaftsform: „Wir mussten alles manuell machen, es gab immer wieder Fehler, weswegen die 25 Seiten mehrmals hin- und hergingen. Denn wegen den Vorgaben zur Kundenidentifizierung (KYC) durfte uns die Bank auch nicht sagen, wo die Fehler lagen“, berichtet er.
Das Ganze habe drei Wochen gedauert: „Und dann war die Eintragung beim Firmenbuch nicht möglich, weil mehr als 14 Tage seit Gründung verstrichen waren. Das war absurd“, beklagt der Gründer. Mit dem Verbesserungsauftrag fielen die Notarkosten erneut an und es vergingen sieben Wochen bis zur endgültigen Ersteintragung, die eigentlich ganz schnell gehen sollte.
Rechtsunsicherheit in zwei Punkten
Herbst Kinsky-Partner Dr. Philipp Kinsky hat das FlexCo-Gesetz mit auf den Weg gebracht und inzwischen mehrere FlexCo-Gründungen beraten. Er berichtet: „Die Zusammenarbeit mit dem Firmenbuchgericht war reibungslos, es gab keine Verbesserungsaufträge.“ Es bestehe allerdings Rechtsunsicherheit in zwei Punkten: „Der Gesetzgeber hat offengelassen, wie mit dem grundsätzlichen Verkaufsrecht der Mitarbeiter in Bezug auf ihre Unternehmenswertanteile (UWAs) im Fall eines Ausscheidens umzugehen ist.“ Denn eine sofortige Auszahlung bei Ausscheiden ist nicht in jedem Fall möglich, aber es sei noch offen, wie lange der Rückkauf hinausgezögert werden kann.
Da Mitarbeiterbeteiligungen üblicherweise aber erst nach 12 bis 36 Monaten erfolgen, entschieden sich dennoch viele Start-ups für eine FlexCo. Eine andere offene Frage sei, wie Mitarbeiterprogramme, die es derzeit in GmbHs gibt, bei der Überführung in die FlexCo steuerlich behandelt werden: „Da ist eine Aussage der Steuerbehörde noch ausstehend“, so Kinsky.
Anwalts- oder Notarsurkunde egal?
Dr. Christof Strasser, Partner bei der auf Start-up-Beratung spezialisierten Kanzlei 42law, sieht in der Mitarbeiterbeteiligung an sich zwar einen Vorteil, merkt aber an, dass sie auch in der FlexCo aufwendig im Handling sei, etwa bei der Ausgestaltung der Möglichkeiten des genehmigten oder bedingten Kapitals. Für Start-ups wirklich bahnbrechende Vorteile erkennt ansonsten keine, im neuen Gesetz, denn: „Ob Anwalts- oder Notarsurkunde ist ja egal.“
Dem widerspricht Zwick: „Dass der Notariatsakt bei der Übertragung von Anteilen entfällt und eine vom Anwalt beglaubigte Urkunde genügt, macht es günstiger und schneller.“ Zudem sei die Möglichkeit der stimmrechtslosen Unternehmenswertanteile vorteilhaft. Zwick gibt jedoch zu bedenken, dass die geringere Bekanntheit der FlexCo erhöhten Erklärungsbedarf bei Investoren nach sich ziehen könnte – insbesondere bei ausländischen Investoren, die mit dem österreichischem Recht nicht vertraut sind.
Ob die FlexCo langfristig ein Erfolg sein wird, hängt für Strasser vor allem von einem Kriterium ab: Ob eine der ersten FlexCos das nächste Unicorn oder die nächste medienwirksame Insolvenz sein wird. Davon werde abhängen, ob sich Jungunternehmer mit dieser Gesellschaftsform schmücken wollen oder diese eher vermeiden.