Der Thienemann-Esslinger Verlag wehrt sich gerichtlich gegen die Kampagne der Wiener FPÖ mit dem Sujet ‚Räuber Rathausplatz‘. Diese nutzte unter anderem die Gestaltung des Buchcovers aus dem Jahr 1962, die von Franz Josef Tripp stammt. Ziel der Kampagne ist es, dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und seiner Partei SPÖ erhöhte Preise bei Fernwärme, Mieten und Gebühren anzukreiden.
Das Oberlandesgericht Wien hatte bereits entschieden, dass die FPÖ den Slogan ‚Räuber Rathausplatz‘ verwenden darf, aber nicht die zeichnerische Darstellung des Räubers Hotzenplotz aus den Büchern von Otfried Preußler (1923-2013). Damit kam es einem Antrag auf einstweilige Verfügung nach. Dieses Urteil bestätigte der OGH, indem er Rechtsmittel der FPÖ dagegen zurückwies (Gz. 4 Ob 97/24d).
Kinderbuch statt Kampagne
Der Senat schreibt Nepp und der Partei unter anderem ins Stammbuch: „Die Argumentation, dass hier nur der Grundgedanke der Darstellung eines Räubers aufgegriffen worden sei, widerlegen die Beklagten selbst, wenn sie an anderer Stelle ihres Rechtsmittels vorbringen, es sei für die Angesprochenen klar erkennbar gewesen, dass sie sich des bekannten Werks bedient hätten.“ Zudem sei das Interesse des Inhabers von Rechten an einem Kinderbuch zu berücksichtigen, „nicht mit einer politischen Kampagne (welchen Inhalts auch immer) in Verbindung gebracht zu werden“.
Der Verlag aus Stuttgart hat ‚Räuber Hotzenplotz‘ seit 2003 als internationale Wortmarke eingetragen, unter anderem für die Warenklasse Werbung. Im Jahr 2021 erschien die 77. Auflage des Kinderbuchs. Bislang verkaufte der Verlag im deutschen Sprachraum mehr als sechs Millionen Exemplare der Buchreihe. Sie ist in 39 Sprachen erschienen, außerhalb des deutschsprachigen Sprachraums gingen knapp vier Millionen Exemplare über den Ladentisch.
Vertreter Thienemann-Esslinger Verlag
Dr. Daniel Charim, Jakob Charim (beide Wien; beide Urheberrecht)
Vertreter FPÖ und Dominik Nepp
Völk (Wien): Dr. Christoph Völk (Urheberrecht)
Oberster Gerichtshof, Wien
4. Senat: Dr. Erich Schwarzenbacher (Senatspräsident), Prof. Dr. Jürgen Rassi (Vizepräsident), Dr. Horst Kikinger, Sylvia Waldstätten, Florian Stiefsohn (alle Hofräte)
Hintergrund: Völk ist seit 2018 selbständiger Rechtsanwalt in Wien. Er hat mehrjährige Erfahrung in österreichischen und internationalen Rechtsanwaltskanzleien. Von 2010 bis 2012 arbeitete er etwa bei McDermott Will & Emery in Brüssel. Bereits in einem Verfahren gegen den Standard und einen seiner leitenden Redakteure trat Völk an der Seite der FPÖ auf (Gz. 6 Ob 32/24k).
Die Wiener Kanzlei Charim besteht seit 1980 unter der Leitung von Dr. Daniel Charim. Seit 2013 ist Jakob Charim als zweiter Rechtsanwalt an Bord.