Das Traineeprogramm richtet sich an Absolventen der Rechtswissenschaften oder des Wirtschaftsrechts, vorzugsweise Masterabsolventen.
Kathrin Gfall-Gapp, Head of Long Term Funding & Execution bei der Erste Group, berichtet: „Wir haben das Programm 2022 gemeinsam mit Wolf Theiss entwickelt, weil wir gemerkt haben, dass Kapitalmarktrecht in der Ausbildung nicht in den Fokus gerückt wird.“ Die ehemalige Trainee Negar Hashemi bestätigt dies: „Kapitalmarktrecht wird an der Uni nicht unterrichtet.“
Wie Gfall-Gapp betont, liegt der Schwerpunkt des Programms allerdings nicht auf der wissenschaftlichen Ausbildung, sondern beim Training on the Job: „Wir agieren in einem sehr spannenden Rechtsgebiet mit viel Dynamik, getrieben von der Regulatorik und vor allem auch laufend wechselnden Anforderungen aus den Kapital- und Finanzmärkten. Daraus ergeben sich für uns JuristInnen ständig neue Themen und Herausforderungen. Genau das wollen wir jungen Absolventen nahebringen und auch die Karrieremöglichkeiten, die die Rolle einer Kapitalmarktjuristin bieten kann. Das Traineeprogramm soll einen realistischen Einblick in den Job eines Juristen in einer Emissionsabteilung geben.“
Die vier Stationen decken der Juristin zufolge die gesamte Wertschöpfungskette einer Kapitalmarktemission ab. Debt Capital Markets (DCM) Legal der Erste Group begleitete 2025 mehr als 200 Kapitalmarkttransaktionen und über 60 Programm-Updates und Nachträge.
Vier Unternehmen in zwölf Monaten
Das Traineeship beginnt inzwischen mit einem Monat bei Wolf Theiss, der vor allem der Orientierung dient. „Der Einstieg bei Wolf Theiss war sehr hilfreich, da die Mitarbeit an der Erstellung der Dokumentation ein Verständnis für die Struktur und Systematik der Projekte vermittelt hat – eine ideale Vorbereitung für die weiteren Stationen“, meint Magdalena Bertsch, die von September 2023 bis August 2024 Trainee war. Neben dem Einstiegsmonat bei Wolf Theiss besteht das Programm aus fünf weiteren Monaten bei Wolf Theiss, fünf Monaten bei der Erste Group und einem Monat bei der OeBFA. Die Einblicke bei der Wiener Börse finden in Form von Exkursionen statt.
Hashemi, die von September 2024 bis Ende August 2025 teilnahm und derzeit ihr Gerichtsjahr am OLG Wien absolviert, berichtet: „Ich würde es sofort wieder machen! Alles geht Hand in Hand. Es ist absolut sinnvoll, es so zu machen. Ein mega cooles Programm. Man erhält in einem Jahr Einblick in drei komplett unterschiedliche Unternehmen – obwohl alle das Gleiche machen. So eine Chance hat man sonst nicht.“ Bertsch ist ebenfalls sehr glücklich über die Erfahrung: „Für mich war es der perfekte Berufseinstieg. Es war bereichernd, ein Jahr an meinem Wissen zu arbeiten, unterstützt durch alle Teammitglieder, JuristInnen wie NichtjuristInnen, die ihren jeweiligen Beitrag zu einer Emission erklärt haben.“
Die Arbeit umfasst Kapitalmarktberatung in Österreich und CEE/SEE zu Anleihe- und Aktienemissionen, Verbriefungen, regulatorischem Kapital, strukturierten Produkten und Haftungsmanagement. Dabei sind die Trainees an der Erstellung und Verhandlung von Emissionsunterlagen und -bedingungen, Prospekten, rechtlichen Gutachten und Patronatserklärungen beteiligt. Sie erhalten Einblicke in Genehmigungs- und Börsenzulassungsverfahren bei Behörden. Auch Krypto-Assets, digitale Wertpapiere, neue Pfandbriefe und die Digitalisierung der Kapitalmarktinfrastruktur sind Teil der Arbeitsinhalte.
Keine Vorkenntnisse erforderlich
Neben einem abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften oder des Wirtschaftsrechts an einer österreichischen Universität sollten Bewerber ausgezeichnete Deutschkenntnisse und sehr gute Englischkenntnisse mitbringen. Vorkenntnisse im Kapitalmarktrecht sind nicht erforderlich, ein ernsthaftes Interesse an Finanzinstrumenten, Emissionsmärkten und Transaktionen sollte aber vorhanden sein, wie Gfall-Gapp betont.
Simon Fleissner, Head of Bond Execution/DCM Legal bei der Erste Group, sieht das Programm auch als Recruiting-Tool, wenngleich die meisten Trainees danach (zunächst) ihre Konzipientenzeit bei Kanzleien absolvieren, worauf das Programm vollumfänglich anrechenbar ist. „Es gibt so wenige spezifisch ausgebildete Juristen in diesem Bereich. Es ist toll, dass wir mit dem Programm im ersten Schritt einen Pool aufbauen und High Potentials identifizieren können.“ So bietet das Traineeship Chancen auf eine spätere Festanstellung bei einem der vier Unternehmen. Bestes Beispiel dafür ist Magdalena Bertsch, die mittlerweile im zweiten Jahr Konzipientin bei Wolf Theiss ist – natürlich im Kapitalmarktteam.