Whistleblower

Schutz greift zu kurz

Ende Februar ist in Österreich das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) in Kraft getreten. Es soll Whistleblower ermutigen, Missstände in Unternehmen und Behörden zu melden.

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Das neue Gesetz soll Hinweisgeber und -geberinnen künftig besser schützen.

Ohne Whistleblower wären weder die Missstände bei Facebook noch die sogenannten Panama Papers an die Öffentlichkeit gelangt. Um Hinweisgeber künftig besser zu schützen, hatte sich die EU 2019 auf neue Regeln geeinigt. Bis Ende 2021 sollte die EU-Whistleblower-Richtlinie (2019/1937) in nationales Recht umgesetzt werden. Sowohl Österreich als auch Deutschland rissen diesen Termin, weswegen
die EU-Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte.

Doch nun ist Österreich dem Nachbarland ein Stück voraus: Während das HinweisgeberInnenschutzgesetz dort im Februar im Bundesrat scheiterte, setzte sich die Mehrheit von ÖVP und Grünen im Nationalrat durch. Nach Meinung des Wiener Compliance-Experten Dr. Alexander Petsche von Baker McKenzie hätte das österreichische HSchG jedoch umfassender ausfallen sollen: „Das Einzige, was zur EU-Richtlinie hinzugekommen ist, sind die Korruptionstatbestände.“

Das Hinweisgeberschutzgesetz deckt Verstöße gegen folgende Anwendungsbereiche ab:

  • Öffentliches Auftragswesen
  • Finanzdienstleistungen, -produkte und -märkte sowie Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
  • Produkt- und Verkehrssicherheit
  • Umwelt- und Strahlenschutz
  • Lebens- und Futtermittelsicherheit und Tierschutz
  • Gesundheit und Verbraucherschutz
  • Datenschutz
  • Verhinderung und Ahndung von Straftaten nach §§302 bis 309 StGB
  • Abgrenzungsfragen, z.B. im Vergaberecht


Nachdem sich in jüngerer Vergangenheit die Fälle von Bestechlichkeit gehäuft hatten, arbeitet die Regierung derzeit an einer Verschärfung des Korruptionsstrafrechts. Petsche ist dies jedoch zu wenig: „Da waren einzelne Bundesländer schon weiter, etwa das Burgenland oder Tirol, die jeden Verstoß gegen das Landesgesetz als materiellen Anwendungsbereich definiert hatten. So etwas Umfassendes hätte ich mir auf Bundesebene auch gewünscht.“

Dass es auch anders geht, machen auch andere Staaten vor. So haben beispielsweise die Franzosen die Meldung „jedes Delikts oder Verbrechens“ unter Schutz gestellt. Auch der Opposition geht das Gesetz nicht weit genug. So bemängelte etwa die SPÖ-Abgeordnete Verena Nussbaum, dass die Meldung von systematischen Arbeitszeitverletzungen, Lohndumping, aber auch sexueller Belästigung nicht in den Schutzbereich des Gesetzes falle.

Indirekte Sanktionen

Alexander Petsche

Petsche geht davon aus, dass viele Unternehmen nicht den im Gesetz angegebenen Katalog übernehmen werden, sondern einen breiteren Anwendungsbereich schaffen werden, um Whistleblower umfassend zu schützen. „Ich glaube, die Unternehmen nehmen das Gesetz sehr ernst. Sie werden zwar nicht sanktioniert, wenn sie kein System einrichten, aber die Dreistufigkeit des Meldesystems ist ein indirekter Anreiz: Denn hält das Unternehmen keine Hotline vor, kann der Hinweisgeber zu einer externen Stelle gehen – oder sich schließlich an die Öffentlichkeit wenden.“


Um zu verhindern, dass sich Mitarbeitende an die staatlichen Stellen oder gar an die Presse wenden, müssen Arbeitgeber nun handeln. Und zwar schnell, denn die Umsetzungsfrist ist recht knapp bemessen: Bis zum 25. August müssen Unternehmen und öffentliche Einrichtungen mit mehr als 250 Mitarbeitenden interne Meldekanäle einrichten. Solche mit 50 bis 249 Beschäftigten können sich mit der Umsetzung bis zum 17. Dezember 2023 Zeit lassen. Kleinere Betriebe sind von der Pflicht ausgenommen. Als staatliche Anlaufstellen fungieren die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die Finanzmarktaufsicht (FMA), die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sowie das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK).

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