Strompreiszonen

Deutschland schreibt mit Gesetzesnovelle den Status Quo fort

Autor/en
  • Raphael Arnold

Der deutsche Bundesrat verabschiedete Ende 2017 noch schnell die Novelle der Stromnetzzugangsverordnung. Sie verhindert, dass die einheitliche deutsche Strompreiszone fällt, zu der bislang auch Österreich gehört. Gleichzeitig provoziert der Schritt die EU-Kommission, die bereits seit einiger Zeit fordert, diese Zone in Mitteldeutschland zu trennen.

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Bernd Rajal
Bernd Rajal

Denn dort besteht nach Ansicht der Brüsseler Behörde ein struktureller Netzengpass, der kurzfristige und kostenintensive Maßnahmen der Übertragungsnetzbetreiber erfordert. Um diese Ausgaben zu senken, verlangt sie, die einheitliche Strompreiszone in Deutschland aufzugeben und durch ein effizientes Engpassmanagement zu ersetzen. Doch das könnte den Strompreis in Süddeutschland verteuern.

E-Control und mehrere Unternehmen wehren sich ihrerseits dagegen, dass die europäische Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) in Ljubljana trotz eines Beschwerdeverfahrens 2017 darauf beharrt, die Strompreiszone entlang der deutsch-österreichischen Staatsgrenze zu trennen (Az.: A-001-2017). Gegen den ACER-Beschluss sind aktuell drei Klagen vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) anhängig, darunter das Verfahren von Austrian Power Grid und Vorarlberger Übertragungsnetz (Az.: T-333/17).

Kein Engpass an der Grenze

E-Control und die deutsche Bundesnetzagentur einigten sich inzwischen auf ein effizientes Engpassmanagement, das ab Oktober 2018 den freien Stromhandel ersetzen soll. Dass die Strompreise in Österreich in die Höhe schnellen werden, erscheint mit dieser Einigung unwahrscheinlich. Bernd Rajal, Partner bei Schönherr in Wien, hält mit Kritik an dem ACER-Beschluss und an der deutschen Gesetzesnovelle dennoch nicht hinterm Berg: „Österreich muss die Strompreiszone verlassen, nicht weil es an der Grenze zu Deutschland einen akuten Engpass gäbe, sondern weil Deutschland sich dagegen wehrt, die deutsche Strompreiszone dort zu trennen, wo der faktische Engpass herrscht.“

Gegen die neue Stromnetzzugangs­verordnung, die eine Preiszone innerhalb Deutschlands festschreibt, hegt er vor allem kartellrechtliche Bedenken: „Nach der Kommissionsentscheidung ‚Swedish Interconnector‘ von 2010 darf ein interner Engpass nicht an die Grenze verschoben werden. Die ­Novelle der Stromnetzzugangsverordnung bewirkt eine solche Verschiebung, führt zu einer Marktabschottung und könnte – wegen gesetzlicher ­Anordnung eines Marktmachtmissbrauchs – gegen europäisches Kartellrecht verstoßen“, fasst Rajal seine Sicht der Dinge zusammen.

Knackpunkt Netzreserve

Rajal sieht noch weitere Spannungsfelder. Er verweist etwa auf das Thema Netzreserve, welche die Stabilität der Stromversorgung in Deutschland durch das Zuschalten auch konventioneller Kraftwerke in Österreich gewährleistet. Die Netzreserve habe die EU-Kommission unter der Voraussetzung beihilferechtlich genehmigt, dass Deutschland das Engpassmanagement ändert. „Mit der Novelle arbeitet Deutschland gegen die bis 2020 erteilte Genehmigung der Kommission“, sagt Rajal.

Die einheitliche deutsche Strompreiszone aufzugeben, legen die hohen mit ihr verbundenen Kosten nahe. Sie entstehen vor allem, weil die Netzkapazität in Deutschland nicht ausreicht, um die auf den Strommärkten gehandelten Strommengen innerhalb des Landes zu transportieren. Der deutsche Übertragungsnetzbetreiber Tennet meldete vor Kurzem, dass er 2017 fast eine Milliarde Euro dafür ausgab, das deutsche Übertragungsnetz zu stabilisieren. Dieser Rekordwert geht auch auf die Energiewende zurück, in deren Rahmen Windenergie im Überfluss entsteht. (Martin Ströder, Raphael Arnold)

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