Insolvenzen

Tiefes Tal der Corona-Hilfen durchschritten

Die Zahl der Firmenpleiten legte 2022 um mehr als die Hälfte zu. Creditreform meldete ein Plus von rund 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr, die Gläubigerschützer verzeichneten knapp 5.000 Verfahren mit Passiva von insgesamt zwei Milliarden Euro und 16.000 betroffenen Mitarbeitern. Damit hielt wieder annähernd der Stand vor Ausbruch der Corona-Pandemie Einzug, denn seitdem herrschte Ausnahmezustand.

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Schon vor Corona sprachen Insolvenzrechtler und Restrukturierungsexperten von „Zombiefirmen“, die sich noch am Markt hielten und ohne die Pandemie bereits 2020 in den Konkurs geschlittert wären. Doch durch die Staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, Steuer- und Abgabenstundungen überlebten viele von ihnen auch 2021.

Im vergangenen Jahr setzte dann aus der coronabedingten Pause heraus ein Nachholeffekt ein. Aus dem Zusammenspiel mit explodierenden Energie- und Rohstoffkosten, Lieferengpässen aufgrund von Produktionsstopps, der hohen Inflation, erhöhten Zinsbelastungen und dem akuten Personalmangel baut sich nun eine Welle auf.

Bedenklich ist, dass von knapp 5.000 Verfahren rund 2.000 mangels Vermögen abgewiesen wurden. Das waren beinahe doppelt so viele vermögenslose Abweisungen wie im Vorjahr. „Wird eine Pleite mangels Kostendeckung nicht eröffnet, sind in den insolventen Unternehmen nicht einmal mehr 4.000 Euro verfügbar, um Gerichtskosten zu finanzieren“, sagt Karl-Heinz Götze, Insolvenzleiter des KSV1870: „Das ist sehr häufig ein Zeichen dafür, dass mit dem Insolvenzantrag so lange gewartet wurde, bis gar nichts mehr geht. In so einem Fall verliert das Unternehmen die Gewerbeberechtigung und müsste liquidiert werden – der Worst Case für alle. Denn sämtliche Mitarbeiter verlieren ihre Jobs, und die Gläubiger sehen keinen Cent.“

Hilfen trotz Mangel an Vermögen

Der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) sieht diese Entwicklung zudem darin dokumentiert, dass während der Pandemie zahlreiche Unternehmen trotz Vermögenslosigkeit staatliche Stundungen in Anspruch nahmen, sodass sie erst jetzt in den Verfahrenszahlen zu Buche schlagen. Deshalb habe auch der Anteil der öffentlichen Abgaben an den Gesamtverbindlichkeiten zugenommen.

Nach Einschätzung des AKV war für 2022 darüber hinaus charakteristisch, dass beinahe zwei Drittel der Insolvenzeröffnungen nicht auf Initiative des schuldnerischen Unternehmens, sondern auf einen Gläubigerantrag hin erfolgten.

Die inflationäre Entwicklung verbunden mit den gestiegenen Energie- und Produktionskosten habe zuletzt auch größere Unternehmen gezwungen, einen Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung zu stellen. Dabei stiegen im Vergleich zum Vorjahr die Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung deutlich an auf 235.

Während es in der ersten Jahreshälfte noch ruhig blieb, häuften sich ab August größere Insolvenzen. In der Übersicht Ausgerechnet Energie nicht erfasst ist allerdings die CPI-Gruppe, die aus verschiedenen insolventen Gesellschaften besteht und deren kumulierte Passiva sich auf rund 290 Millionen Euro beziffern.

Mehr Verfahren vorherzusehen

Für das laufende Jahr geht Creditreform von 6.000 Insolvenzen aus. Auch der AKV erwartet einen weiteren Anstieg der Firmenpleiten, sodass die Zahl das Vorkrisenniveau von 2019 überschreiten dürfte. Die Gründe liegen neben den bereits für 2022 bestehenden Herausforderungen in einem absehbaren Konsumrückgang. Denn Teuerung und Inflation drücken die Kaufkraft von Konsumenten und Geschäftskunden. Zudem könnten neue Kreditbedingungen und eine daraus resultierende Kreditklemme im Immobilien- und Finanzdienstleistungssektor Insolvenzen auslösen. So verzeichneten Bauträger nicht nur rückläufige Verkäufe, sondern vereinbarte Pauschalpreise würden oft die Weitergabe gestiegener Preise sowie eine weitere Finanzierung begonnener Projekte verhindern.

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